4. Hovestadt seit dem Ersten Weltkrieg

Unheilsschwanger lasteten in den Juli-Wochen 1914 die politischen Gewitterwolken über Europa, nach dem Ende Juni verübten feigen Fürstenmord in Sarajewo. In Stadt und Land wurde über die drohende Kriegsgefahr diskutiert. Zwar war es im letzten Jahrzehnt zwischen dem Dreiverband Frankreich, England, Russland und dem Dreibund des öfteren zu ernsten Situationen gekommen, doch war es den Bemühungen der verantwortlichen Diplomaten bisher gelungen, den drohenden Krieg in Europa zu verhindern, oder wenigstens, wie in den Balkankriegen, zu lokalisieren. Nunmehr schien die bewaffnete Auseinandersetzung unvermeidlich. Nachdem eindeutig festgestellt war, dass die Fäden der Verschwörung gegen Österreich nach Belgrad liefen, verlangte Österreich von der serbischen Regierung Genugtuung. Da letztere jedoch auf Anraten Russlands eine ablehnende Haltung einnahm, erklärte Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg, worauf die russische Kriegserklärung an Österreich-Ungarn erfolgte. Deutschland, getreu seiner Bundespflicht, erklärte am 1. August Russland und 3 Tage später an Frankreich den Krieg. Damit war auch für England der Anlass gegeben, den Kampf gegen Deutschland zu eröffnen. Wie überall in unserem Vaterland, so gingen auch in unserer Heimat die Wogen der Begeisterung recht hoch, war man doch allgemein von einem schnellen Sieg unserer gerechten Sache überzeugt. Umjubelt von Erwachsenen und besonders der Jugend zogen die Einberufenen, geführt von der Herzfelder Musikkapelle, zur Kleinbahnstation, konnten es vielfach kaum erwarten, an die Front zu kommen.

Auf die ersten Siege, Erstürmung Lüttichs und Besetzung Nordfrankreichs, welche stets mit Glockengeläut gefeiert wurden, kamen auch die ersten Rückschläge: Erstarken der französischen Abwehr in der Marneschlacht, welche die deutschen Armeen, die fast Paris erreicht hatten, zur Rücknahme der Front zwang. Die Russen hatten, unerwartet schnell, fast ganz Ostpreußen und Galizien überflutet. Während im Herbst und Winter 1914 die russischen Heere bei Tannenberg und in Masuren von Hindenburg vernichtend geschlagen wurden, hatten die verbündeten deutschösterreichischen Truppen im kommenden Frühjahr und Sommer große Erfolge in Galizien und an der ganzen Ostfront zu verzeichnen. Im Westen, wo der Kampf längst zum Schützengrabenkrieg erstarrt war, konnten auch die mörderischen Schlachten um Verdun und an der Somme trotz riesigem Materialeinsatz und wahnsinnigen menschlichen Verlusten keine der kriegführenden Parteien eine grundsätzliche Entscheidung erzwingen. Auch der Eintritt der Türkei, bereits Oktober 1914, dem Bulgarien im Herbst 1915 auf unsere Seite folgte, die Kriegserklärung Italiens Sommer 1915 an Österreich-Ungarn und Rumänien Ende März 1916 konnten die Gesamt-Kriegslage nicht wesentlich verändern.

Im Innern Deutschlands hatte sich auch einiges getan. Durch die englische Blockade 1915 war Deutschland von der Welt abgeschnitten und in eine schwierige Versorgungslage vieler, notwendiger Gebrauchsgüter geraten. Besonders die Versorgung der Bevölkerung mit den wichtigsten Lebensmitteln gestaltete sich immer schwieriger, da wir doch bisher einen Großteil unserer Nahrung vom Ausland bezogen hatten.

Bereits im Jahre 1915 waren alle wichtigen Nahrungsmittel rationiert, seit dem 1. März gab es bereits Brotmarken. Das Brot war hier in Hovestadt dazu noch vielfach von sehr schlechter Beschaffenheit (Kartoffelbeimengung). Das Jahr 1916 brachte im Sommer sehr viel Regen und eine schlechte Ernte. Es folgte der berüchtigte Steckrübenwinter. Da die städtischen und besonders die großstädtischen Gebiete am meisten unter der Lebensmittelknappheit litten, kamen deren Bewohner massenweise aufs Land, um zu hamstern und wurden hier zu einer wahren Landplage. Die hiesige Bevölkerung hatte in dem sehr strengen und anhaltenden Winter (von Anfang Januar bis Ende April 1917) sehr unter Mangel an Heizmaterial zu leiden.

Bereits Herbst 1914 trafen die ersten Kriegsgefangenen hier ein, meist Franzosen und Russen, für welche einige Lager eingerichtet wurden. Dieselben wurden hier meist für landwirtschaftliche Arbeiten eingesetzt. – 17 Söhne der Gemeinden Hovestadt, Nordwald sind 1914-1918 gefallen (1870 3 Tote). Trotz aller militärischen Erfolge gegen Italien, auf dem Balkan und im Osten war eine klare Entscheidung zugunsten der Mittelmächte nicht in Sicht. Der russische Zusammenbruch 1917 brachte neue Hoffnungen, die aber auch nicht zum Ziele führten. Die führenden deutschen Generale glaubten Anfang 1917, durch einen rücksichtslos geführten U-Boot-Krieg, der die Westmächte von den amerikanischen Lieferungen abschneiden sollte, einen totalen Sieg erringen zu können. Statt dessen griffen die Vereinigten Staaten mit ihren fast unerschöpflichen Menschen- und Materialreserven in den Krieg ein. Damit war der über vierjährige Kampf für Deutschland und seine Bundesgefährten endgültig verloren, wenn auch die deutschen Heere sich im Westen noch zäh verteidigten. Als die Lage Herbst 1918 immer hoffnungsloser wurde, leiteten die verantwortlichen Generäle des deutschen Oberkommandos Waffenstillstandsverhandlungen ein, welche am 11. November 1918 unterzeichnet wurden. Hindenburg war es, der die deutschen Verbände in leidlicher Ordnung nach Hause führte, um dann in ihren Garnisonen entlassen zu werden.

Auch unsere Straßen und Dörfer sahen in den nächsten Wochen zahlreiche deutsche Truppenteile, welche per Fuß, Pferd oder Autos mit Wagen und Geschützen der Heimat zustrebten. Als Anhänger der roten Revolution hatten die meisten an den Feldwagen kleine rote Fähnchen flattern, manche vertraten allerdings auch andere Ansichten.

Die rote Revolution hatte schnell in unserm Land gesiegt, der Kaiser war zur Abdankung gezwungen und Deutschland zur Republik erklärt worden. Die radikalen Linken versuchten wiederholt, die Führung des Reiches an sich zu reißen, konnten sich aber gegen die gemäßigten, sozialen Bestrebungen der sozialdemokratischen Partei und ihrem verdienten Führer Ebert nicht durchsetzen. Schon am 19. Januar 1919 fanden Wahlen zur deutschen Nationalversammlung statt, die auf freien, demokratischen Grundlagen erfolgten und sogar den bürgerlichen Parteien die Mehrheit bescherte. Sozialdemokraten, Zentrum und die deutschen Demokraten übernahmen die Bildung der Regierung.

Die nächsten Jahre (1919-1923) brachten noch viel innere Kämpfe und Unruhen über unser Land. Immer wieder versuchten die Kommunisten in Berlin, München, vor allem im Ruhrgebiet und auch anderswo mit Gewalt an die Macht zu kommen. Die Rechtsradikalen (Kapp-Putsch, Hitlers Marsch zur Feldherrnhalle in München) standen ihnen in ihrem Bemühen und den Methoden kaum nach, doch hatten beide Gruppen keinen dauernden Erfolg.

Zu dieser Zeit hatte unser Ort und die Umgebung des öfteren Einquartierungen von Reichswehr und Freiwilligenverbänden (Corps Lichtschlag), welche zusammen mit der Polizei die kommunistischen Aufstände im Ruhrgebiet niederkämpfen sollten (Mitte März 1920 Schlacht bei Pelkum). Im Versailler Diktat hatten die Siegermächte 1919 dem deutschen Volke einen sehr harten Friedensvertrag auferlegt. Unter den beträchtlichen Gebietsabgaben waren wohl am schmerzlichsten der Verlust des deutschen Landes: des Elsass, von Eupen, Danzig, bei Deutsch-Österreich die Abtrennung von Südtirol und dem Sudetenland. (Der von Österreich gewünschte Anschluss wurde ebenfalls nicht gestattet.) Immerhin war jedoch die Einheit unseres Vaterlandes erhalten geblieben.

Die auferlegten Reparations-Lasten waren aber einfach unerfüllbar. Deshalb wurde der Vertrag von fast allen deutschen Parteien und der Regierung abgelehnt. Nur unter der Drohung der Siegermächte, weitere Sanktionen über Deutschland zu verhängen, die linke Rheinseite und 3 Brückenköpfe waren von ihnen besetzt, das Saargebiet wurde von Frankreich 15 Jahre lang ausgebeutet, erklärten sich schließlich, um Schlimmeres zu vermeiden, die Regierung (Zentrum und SPD) bereit, zu unterzeichnen. Da besonders Frankreich zu der Überzeugung kam, dass Deutschland bewusst die Reparations- Lieferungen sabotiere, schritt es schon in den folgenden Jahren zur weiteren Besetzung deutscher Städte und Gebiete. Bereits 1920 wurden Frankfurt und Darmstadt, 1921 Düsseldorf und Duisburg besetzt. Anfang Januar 1923 marschierten die Franzosen und Belgier ins Ruhrgebiet ein. Die Proklamation des passiven Widerstandes durch die deutsche Regierung Cuno spitzte das Verhältnis Deutschland - Frankreich weiter zu, kostete uns etwa 130 Tote, 150.000 Ausweisungen und etwa 3½ - 4 Milliarden Goldmark, aber auch für Frankreich hatte sich die Besetzung nicht gelohnt. (26. September Ende des deutschen Widerstandes.)

Diese Kraftprobe war für die deutsche Wirtschaft und Währung verheerend. Die deutsche Währung, schon seit Kriegsende ziemlich angeschlagen und sich ständig verschlechternd, brach nun völlig zusammen. Am 20. November 1923 trat der Neuaufbau der Währung in Kraft, wobei eine bisherige Billion mit einer Rentenmark bewertet wurde. Viele bisher wohlhabende Bürger waren total verarmt. Auf der Grundlage der neuen Währung fand dann allerdings eine gewisse Aufwertung statt. U. a. wurden die Kriegsanleihen mit 12½ % aufgewertet, die hiesigen Sparkassen erstatteten dagegen 26 % der alten Sparbeträge. Auch das mühsam gesammelte Kirchenbauvermögen in Hovestadt von ca. 50.000 Mark fiel bis auf einige 1.000 Mark Aufwertung der Inflation zum Opfer. – 1922 bekam Hovestadt durch gräfliche Schenkung einen eigenen Friedhof. 1924 erlebte Hovestadt wieder eine große Überflutung der Lippewiesen, welcher der ganze zweite Grasschnitt zum Opfer fiel. (8. Aug. - halb. Okt.).

Doch langsam ging es wieder aufwärts im Land und auch in unserer Gemeinde. Zur Belebung des Baumarktes wurde im Jahre 1924 der neue pompöse Amtsbau errichtet, für Hovestadt gewiss kein Nachteil, ist damit der Sitz der Verwaltung doch endgültig hier im Ort. Auch die Amtssparkasse erhielt in dem neuen Gebäude ihren Sitz. Nach Kriegsende regte sich allmählich auch wieder kulturelles Leben in der Gemeinde. Seit 1920 wurde wieder Schützenfest gefeiert, 1919 wieder mit Theaterspiel begonnen auf Brachts-Krippendorfs Saal. Die Geselligkeits-Abteilung des Vereins Frohsinn wartete mit den ernsten Stücken: Revolutionsgift, Andreas Hofer, Zryni und den plattdeutschen Lustspielen auf (Leitung Lötte), 1923 auch wieder Waldfest.

Die ehemalige hölzerne Lippebrücke war 1793 von Graf Plettenberg errichtet worden. Durch die Umstellung des Straßenverkehrs von Pferdefuhrwerk auf Auto und Lastwagen war dieselbe den modernen Ansprüchen nicht mehr gewachsen und wurde deshalb der Bau einer neuen fes- ten Brücke beschlossen. Der allgemein begrüßte Neubau wurde 1926/27 von der Firma Köthenburger Paderborn in Eisenbeton ausgeführt und überspannt in einem gewaltigen Bogen den Lippefluss. Da man bei der Anlage des Brückenkopfes am Herzfelder Ufer auf Wellsand stieß, mussten hier Holzpfähle eingerammt werden. Wegen der teilweisen Verbreiterung und Erhöhung der Lippestraße musste auch das historische Brückenhäuschen abgebrochen werden, zumal zukünftig kein Brückengeld mehr entrichtet werden musste. Erwähnt sei hier noch, dass bereits 1925 die neue, moderne Herzfelder Flutbrücke erbaut war. Kaum waren ein paar Jahre ruhiger Entwicklung verstrichen, als sich schon wieder drohende Wolken am politisch-wirtschaftlichen Himmel zusammenballten. Seit 1929 rüttelt das Gespenst der Arbeitslosigkeit am deutschen Wirtschaftsleben. Gewiss wurden auch die anderen ersten Industrienationen, besonders Amerika und England von dieser Weitwirtschaftskrise schwer betroffen. Doch Deutschland litt noch allzu sehr unter den Folgen des verlorenen Krieges, den unmöglichen Reparationslasten und der Inflation. Dazu kündigte das Ausland die im Dawes-Plan vorgestreckten Gelder, als dessen Folge 1931 eine Reihe deutscher Banken Zusammenbruch erlitten. Dank der zielbewussten Politik des Kanzlers Dr. H. Brüning traten auf dem Geldmarkt allmählich wieder normale Verhältnisse ein. Die Arbeitslosenfrage erhielt jedoch eine weitere Verschärfung, im Jahre 1932 erhöhte sich die Zahl der Erwerbslosen auf 6 Millionen. Not und Verzweiflung lastete auf Millionen deutscher Familien.

Da auch in unserer Gemeinde die Zahl der Arbeitslosen sehr groß war, fast alle hiesigen Bauhandwerker stempelten, entschloss man sich in diesem Jahre zur Erbauung der neuen Kirche, zumal das nötige Kapital vorhanden war. Nach Überwindung vieler Widerstände ist dann glücklich dies große Werk gelungen. Dem Herrgott zur Ehre, dem Dorf zur Zierde, entspricht der wuchtig schöne Bau einem wirklich dringenden und religiösen Bedürfnis und Wunsche seit langer Zeit. Die Kirche im Blickpunkt der Hauptstraßen, aus Kliever Grünsandstein errichtet, ähnelt in seinem Äußeren in etwa den wuchtigen, soliden Kirchenbauten der benachbarten Soester Börde. Das Innere ist ein im besten Sinne moderner, sakraler Raum. Bereits am 27. November 1932 konnte in würdiger Weise das erste Kirchweihfest der neuen Albertus-Magnus-Kirche begangen werden. Probst Drehmann, Soest, nahm in Vertretung des Bischofs die Weihe vor. Schon im ersten Winter bekam unsere Kirche eine Heizung, im nächsten Jahr die schöne neue Orgel und Weihnachten 1935 erklang erstmalig das neue herrliche Geläute. Am 15. Mai 1934 erfolgte die feierliche Konsekration des Gotteshauses durch den Paderborner Weihbischof H. Augustinus Baumann. – Auch der Kirchen-Vorplatz wurde würdig hergerichtet, die Feldflut verrohrt, die Fläche gepflastert und mit Bordsteinen zur Straße abgegrenzt, die Umgebung der Kirche wurde mit Bäumen bepflanzt.

Juli 1932 wurde das Kabinett Brüning gestürzt. Der entscheidende Anlass bildete die von Dr. Brüning geplante Agrar-Reform: Anstatt die ostelbischen Großgrundbesitzer durch die sogenannte Osthilfe zu unterstützen, sollten dieselben von ihrem verschuldeten Besitz (natürlich gegen Entgelt) Land abgeben für neu zu schaffende bäuerliche Siedlungen. Brünings Nachfolger wurde Franz von Papen, der im Dezember von Schleicher abgelöst wurde.

Am 30. Januar 1933 ernannte Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler und »Führer« des Reichs, der von vielen Deutschen als der einzige Retter aus der Not der Arbeitslosigkeit angesehen wurde. Eine raffinierte, skrupellose Propaganda unter Leitung von Goebbels, die allen alles versprach, hatte weite Kreise unseres verzweifelten Volkes einfach überrollt.

Am 5. März 1933 fanden Reichstagswahlen statt, wobei die NSDAP 44 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte (hier in Hovestadt etwa 1/3 der abgegebenen Stimmen). Zusammen mit den Deutschnationalen, welche mit in der Regierung saßen, hatten sie im Reichstag eine knappe Mehrheit. Auf raffinierte Weise wurden die Parteien, eine nach der anderen ausgeschaltet. Mit den Stimmen aller anderen Parteien wurde zuerst die kommunistische Partei verboten, welche der Reichstagsbrandstiftung als Fanal zur roten Machtergreifung bezichtigt ward. Es folgten nacheinander die anderen Parteien, zuletzt die Deutschnationalen, welche glaubten, durch ihr Zusammengehen mit der NSDAP selbst die Führung zu behalten, ein ganz großer Irrtum. Nachdem auch die Länder-Regierungen gleichgeschaltet waren, hatte die NSDAP alle oberste Macht im Staate. Reichswehr, Polizei, Presse, Rundfunk und sogar Vereine mussten nationalsozialistisch ausgerichtet werden, ebenso das ganze Bildungswesen. Wer dem nicht entsprach, oder sich sogar Kritik erlaubte, wurde entlassen, wenn ihm nicht Bestrafungen und KZ-Lager (Konzentrationslager) drohten. Die Jugend wurde in staatliche Organisationen HJ und BdM im Sinne der NSDAP erzogen und geschult. SA und vor allem SS bildeten die Kampftruppen der Partei und demonstrierten bei den zahlreichen Massenaufmärschen nur allzu gern ihre Macht. – Der Kommunismus und das angeblich mit demselben verstrickte Judentum galt von Anfang der Bewegung an als Weltfeind Nr. 1 und wurde mit allen Mitteln bekämpft. – Im Parteiprogramm stand aber auch als Ziel die Wiedervereinigung aller deutschen Länder in einem Reich und der Führungsanspruch des nordischen Menschen. Die nationalsozialistische Weltanschauung, ihre Ideen und ihre Ziele hatten ihre geistige Grundlage und ihren Niederschlag in Hitlers Buch »Mein Kampf, der Bibel des dritten, des tausendjährigen Reiches«. Die Lehre von Blut und Boden, der Führungsanspruch des nordischen Herrenmenschen (Rosenbergs Mythos) mit altgermanischem Beiwerk verbrämt, der Totalanspruch der Bewegung auf allen Gebieten und absolute Alleinherrschaft der Partei und damit Unterdrückung jeglicher Meinungsfreiheit, die Ausrottung der Juden als der Weltpest u. ä. sind in diesen Werken vorprogrammiert.

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wurde indessen mit Erfolg betrieben: Wohnungsbau, Straßenbau, vor allem die Errichtung der Autobahnen (strategisch bedingt) und ganz besonders die sich gewaltig steigernde militärische Aufrüstung bewirkten, dass die Zahl der Arbeitslosen schnell zurückging und das ganze wirtschaftliche Leben sich erholte.

Auch im kleinen Dorf war der große Umschwung zu spüren. Die leitenden Männer in Verwaltung, Schulen, Vereinen usw. mussten gehen, sofern sie sich nicht zum Nationalsozialismus bekannten. Infolgedessen wurden in Hovestadt auch Amtsbürgermeister Hufelschulte und Ortsbürgermeister Bierhaus ihres Amtes enthoben. Nachfolger des Erstgenannten wurde Graf Josef von Plettenberg, der aber schon 1936, da auch nicht »linientreu« von Dr. Liewer abgelöst wurde.

Besonders die Jugend wurde auch hier in immer stärkerem Maße von der nationalsozialistischen Bewegung erfasst und im vormilitärischen Sinne geschult und erzogen: Hitler-Jugend, SA, BdM u. a.

Seit 1935 gilt die Hakenkreuzfahne als alleinige Flagge des deutschen Reiches. Frühjahr 1938 wurde auch hier das Zeigen aller anderen Fahnen, auch der kirchlichen, verboten, letztere durften nur auf kirchlichen Grundstücken gelegentlich wehen.

Obwohl Juli 1933 ein Reichskonkordat zwischen der nationalsozialistischen Regierung und Rom abgeschlossen war und Hitler ausdrücklich die Freiheit der christlichen Kirchen garantiert hatte, kam es doch schon bald zu wachsenden Spannungen zwischen der christlichen und der nationalsozialistischen Weltanschauung, nicht zuletzt durch den Totalanspruch durch die NSDAP.

War bereits 1932 die Arbeitslosigkeit in unserer Gemeinde durch den Bau der neuen Kirche erfolgreich bekämpft, so ging die Entwicklung des Arbeitsmarktes seit 1933 weiter aufwärts. 1936/37 wurde auf dem Löttenkamp die neue Volksschule errichtet mit 3 geräumigen modernen Klassenzimmern, Lehrer- und Lernmittelzimmer, einer geräumigen Lehrerwohnung und im Keller Brausebad für Kinder und Gemeinde. Am 23. April 1938 fand die kirchliche Weihe und Übergabe statt. An der Schule wirken 3 Lehrpersonen, Hauptlehrer ist Fritz Böhmer. 1938 wurde auf dem Löttenkamp die Sozialwohnsiedlung errichtet, insgesamt 7 Häuser, mit je ¼ Morgen großen Garten. Der alte Löttenkampweg musste aus diesem Grunde teilweise verlegt werden und erhielt jetzt den Namen Schulstraße (seit 1950 wieder Löttenkamp). Die übrigen Straßen im Ort erhielten jetzt ebenfalls offizielle Namen, wobei anerkannt werden muss, dass durchweg die alten gebräuchlichen Bezeichnungen erhalten geblieben sind.

Die Feldflut von der Kirche bis Biele, jetzt ein Abwässergraben, wurde verrohrt und der angelegte Weg mit Linden bepflanzt. In der alten Schule an der Schlossstraße wurde ein Hitler-Jugend-Heim und ein Kindergarten errichtet.

Am Abend des 9. November 1938 bot sich unserm Volke ein schicksalhaftes, beschämendes Schauspiel. In allen deutschen Gemeinden, wo jüdische Bürger ansässig waren, trat der braune Terror zum vernichtenden Schlag gegen das Judentum an. Nationalsozialistische Parolen brüllend, zerschlugen die braunen Haufen Türen und Fenster der jüdischen Häuser, Geschäfte und Synagogen und drangen mit Gewalt ein. Einrichtungen, Möbel und Waren aller Art wurden zerstört und auf die Straße geworfen. Die verschüchterten Bewohner wurden zum Teil grässlich misshandelt, die Überlebenden kamen größtenteils in den KZ-Lagern um. Die ganze grauenhafte Aktion kam »spontan« aus dem deutschen Volke, wie die Goebbelsche Propaganda der Welt weismachen wollte, als Vergeltung für die Ermordungen des deutschen Legationsrates v. Rat in Paris. (Anschließend wurden Häuser und Synagogen in Brand gesetzt.) Auch die Hovestädter SA, verstärkt durch einige braune Helden, kann für sich den traurigen Ruhm in Anspruch nehmen, die Zerstörung des letzten Judenhauses und die Vertreibung der Bewohner Sommer-Cohn durchgeführt zu haben. Nachdem sich die jungen Leute unter Leitung von Dr. Liewer in der Wirtschaft Mut angetrunken hatten, ging es ans Werk. Schon von weitem war das Grölen und Klopfen und Krachen zu hören. Türen und Fenster wurden mit Gewalt eingeschlagen, Dachziegel zertrümmert, Mobiliar und Einrichtungsstücke zerstört. Der 86-jährige Jul. Sommer und Cohn nebst Frau fanden in dieser Nacht Unterkunft im St.-Ida-Hospital, anderntags bei Neukirch, Oestinghausen.

Der Hovestädter Judensturm war mit eintägiger Verspätung am 10. November 1938 gegen 9 Uhr abends erfolgt. – Das Haus stand noch einige Zeit als halbe Ruine und wurde dann aus »verkehrstechnischen« Gründen abgebrochen. Der große Sommer'sche Garten war schon 1940 an die Gemeinde gefallen, musste aber 1955 an Sommers Erben zurückgegeben werden, wegen unrechtmäßiger Aneignung. 1956 wurde derselbe von der Hovestädter Sparkasse angekauft und im Jahre 1969 wurde hier das neue, moderne Sparkassengebäude errichtet.

Schon 1930 hatte die französische Besatzung das Rheinland geräumt. Januar 1935 war auch das Saarland nach überwältigender pro deutscher Abstimmung heimgekehrt. März 1935 führte Hitler auch wieder die Wehrpflicht ein (500.000 Mann Wehrpflichtige). Ein Jahr später besetzte er das entmilitarisierte Rheinland und erbaute anschließend den Westwall. Am 12. März 1938 marschierten Hitlers Truppen in Österreich ein, im Herbst d. J. wurde das Sudetenland "befreit". März 1939 war die restliche Tschechoslowakei zerschlagen, Böhmen und Mähren wurden in das Reich eingegliedert, die Slowakei deutscher Staat. Bis jetzt war es der nationalsozialistischen Führung immer wieder gelungen, die Gegner, die Westmächte zu überrumpeln und durch Abmachungen Friedensbeteuerungen, notfalls auch durch Drohungen hinzuhalten und zu beschwichtigen. Nunmehr, angesichts des drohenden Überfalls der deutschen Truppen ins polnische Land, übernahmen die Westmächte die Garantie für den polnischen Staat und versuchten noch einmal durch Besprechungen mit Hitler am 8. Juni 1939 in München, den Frieden zu retten. Doch der Führer wollte den Eroberungskrieg im Osten und damit die Zerschlagung des polnischen Staates, obwohl er erst 1934 einen Freundschaftsvertrag mit Polen geschlossen hatte. Von Anfang an hatte die nationalsozialistische Bewegung den Kampf gegen den Bolschewismus auf ihre Fahne geschrieben, dem Weitfeind Nr. 1 neben dem Judentum. Und doch scheute sich die nationalsozialistische Führung nicht, am 23. August 1939 in Moskau mit der UDSSR einen 10-jährigen Nichtangriffspakt abzuschließen und hierbei Ostpolen und die baltischen Staaten dem Bolschewismus auszuliefern. Die Verlogenheit und Hinterhältigkeit der nationalsozialistischen Propaganda und die Brechung aller abgeschlossenen Verträge, wenn es nützlich erscheint, wird hier wieder deutlich.

Am 1. September 1939 marschiert Hitlers Armee in Polen ein. Trotz tapferer Gegenwehr wird das polnische Heer in 3 Wochen total zerschlagen, nicht zuletzt durch die erdrückende technische Überlegenheit der deutschen Truppen. Nun marschiert auch die russische Armee ein und besetzt Ostpolen. – Hatte Hitler geglaubt, auch diesmal würden sich die Westmächte mit einem lahmen Protest begnügen, so hatte er sich gewaltig geirrt. Schon Anfang September 1939 erklärten England und Frankreich ihm den Krieg. In den nächsten Monaten blieb es an den Fronten ziemlich ruhig, um so eifriger wurde aber auf beiden Seiten gerüstet.

Gleich zu Beginn des Krieges wurden die Lebensmittelkarten ausgegeben (3. Sept. 1939). Wöchentlich gab es 2.050 kg Brot, 125 g Fett, 500 g Fleisch u. a. Selbstversorger erhielten Mahlkarten und Schlachtscheine: 40 kg Fleisch pro Person und Jahr. Durch Kleiderkarten und Bezugsscheine für alle wichtigen Gebrauchsgüter wurde der Bezug von Textilien, Betten, Öfen, Fahrrädern und der anderen notwendigen Artikel geregelt.      

Der Winter 1939/40 war recht kalt und schneereich. Wir hatten in unserer Gegend zu dieser Zeit zahlreiche Einquartierungen deutscher Soldaten, im Kreis Soest eine ganze Division. Vom 5. November 1939 bis 14. Februar 1940 waren hier in Hovestadt Sachsen, vom 26. Februar bis 19. März 1940 Ostpreußen und vom 21. März bis 12. Mai 1940 Berliner in Quartier.

Am 9. April 1940 wurde Dänemark und Norwegen überfallartig besetzt, wobei sich Norwegen gegen die deutschen Truppen tapfer wehrte. Am 10. Mai 1940 trat die deutsche Armee zur Offensive im Westen an. Holland und Belgien wurde in ein paar Tagen überrannt und auch Frankreich in den nächsten Wochen zu Boden geworfen. Dem englischen Hilfscorps gelang es, mit knapper Not von Dünkirchen zur heimatlichen Insel zu flüchten. Paris kapitulierte bereits am 18. Juni, worauf bald der Waffenstillstand folgte, nachdem auch Mussolini am 10. Juni den Westmächten den Krieg erklärt hatte.

Die nächsten Monate standen im Zeichen der Schlacht um England. Die starken deutschen Bombenangriffe durch unsere Flugzeuge sollten die Insel sturmreif machen, doch das Ziel wurde nicht erreicht.

Anfang April 1941 begannen die Operationen gegen Jugoslawien und Griechenland, welche mit der Eroberung Kretas Ende Mai d .J. trotz zäher Gegenwehr, ihren Abschluss fanden.

Am 22. Juni 1941 trat Hitlers Armee trotz, des vor 2 Jahren abgeschlossenen Nichtangriffspaktes, zum Großangriff gegen Russland an. Die großen Anfangserfolge der deutschen Truppen bestärkten Hitlers Überzeugung, er werde die russische Kriegsmacht in kurzer zeit völlig zerschlagen. Der verstärkte russische Widerstand, die immer schwieriger werdende Nachschubversorgung und vor allem der plötzlich hereinbrechende, sehr harte russische Winter, für den das deutsche Heer nicht gerüstet war, belehrte den Führer eines anderen. Notgedrungen mussten die deutschen Verbände Verteidigungsstellung beziehen. Zwecks Neuordnung des ostasiatischen Raumes hatte Japan 1941 den Kampf gegen die USA eröffnet und durch den plötzlichen Überfall zunächst weite Gebiete besetzt. Am 11. Dezember 1941 erklärte auch Hitler den Vereinigten Staaten den Krieg, das schon in den vergangenen Jahren unsere Gegner mit Kriegsmaterial reichlich versorgte. Mitte 1942 war für Deutschland und seine Verbündeten einschließlich Japans der Punkt erreicht, wo sie die größte Flächenausdehnung an besetzten Gebieten in Europa, Afrika und Asien erreicht hatten. Von nun an ging es abwärts. Die amerikanische Überlegenheit trat allmählich an allen Fronten in Erscheinung. In unserer Heimat hatte sich zwischendurch auch allerhand ereignet. Mai 1940 hatte das benachbarte Soest bereits den ersten feindlichen Fliegerangriff, angeblich wurde die Funkstation gesucht. 1941 fielen Lufttorpedos auf den Soester Bahnhof, wobei auch in der Stadt Schäden entstanden, u. a. wurden das sogenannte Bügeleisenhaus und die Metzgerei Husemeier vernichtet.

Am 14. November 1940 herrschte hier ein furchtbarer Sturm, der großen Schaden an Gebäuden, besonders an Dächern anrichtete und ca. 50 Stück dicke Eichen im Krähenbrink umwarf.

Seit 1942 waren hier nachts ständig feindliche Flieger-Durchzüge zu ihren Bomben-Zielen zu beobachten, deshalb Verdunkelung der Häuser. Seit Januar 1943 starteten die feindlichen Flugstaffeln Großangriffe auf das benachbarte Ruhrgebiet. Am 17.5.43 Zerstörung der Möhne-Sperrmauer von englischen Fliegern, 1200 Tote! September 1943 trafen die ersten bombengeschädigten Evakuierten aus Bochum hier ein und mussten im Ort untergebracht werden. Sämtlicher Wohnraum wurde zwangsbewirtschaftet, alle entbehrlichen Räume beschlagnahmt. 1944 wurden auf Hiltermanns Kamp 10 Behelfsheime errichtet zur Unterbringung der Bombengeschädigten. Am 8. April 1944 erfolgte ein Tages-Großangriff auf den Bahnhof Hamm, dem weitere folgten (große Schäden).

Am 23. September 1944 Tagesangriff auf Soester Bahnhof. In der Folge ständige Fliegerangriffe auf der Strecke Soest-Lippstadt und den Lippstädter Flughafen.

Seit Herbst 1939 wurden hier kriegsgefangene Polen in der Landwirtschaft beschäftigt, die in einem Lager der Ziegelei Niehaus-Bertram untergebracht waren, Juli 1940 trafen gefangene Franzosen ein, für weiche in der Schreinerei Naumke, Segenkamp, ein Lager eingerichtet wurde. Frühsommer 1941 wurden die Franzosen durch gefangene Serben abgelöst. 1942 wurde bei Bracht-Krippendorf ein Kriegsgefangenenlager errichtet mit 2 Wachmännern.

Mitte des Jahres 1942 war der scheinbar unaufhaltsame Siegeslauf der Hitler'schen Streitkräfte, seiner Verbündeten und Japans, wie schon erwähnt, im allgemeinen zum Stehen gekommen. Allmählich hatte sich das Blatt gewendet, besonders durch den Eintritt Amerikas in den Krieg. Die feindliche Überlegenheit in der Luft führt zu immer stärkeren Zerstörung der deutschen Städte. Nach der Katastrophe von Stalingrad war auch der Kampf gegen die russische Union verloren (Kapitulation von Stalingrad 31.1.1943).

Juli 1943 landeten die Alliierten auf Sizilien, ein Jahr später in Nordfrankreich und dann im Süden des Landes. Unaufhaltsam trieben jetzt die alliierten Verbände die deutschen Truppen an allen Fronten zurück. Oktober dieses Jahres hatten die Westmächte die deutsche Grenze bei Aachen erreicht, die russische Armee befand sich an der Ostpreußischen Front. Die deutschen Verbände verteidigten noch verbissen den deutschen Boden, dreimal wechselte hierbei Aachen den Besitzer, doch die hereinbrechende Katastrophe war nicht mehr aufzuhalten!

Der Krieg rückte auch unserer Heimat näher. Seit Oktober 1944 konnte man bei günstigem Wind den Geschützdonner von der Westfront hören. Am 4. Dezember 1944 starteten die feindlichen Flieger einen Tagesangriff auf den Soester Bahnhof, der hier sehr gut zu beobachten war.

Einen Tag später, am 5.12.1944, erlebten wir einen plötzlichen Fliegerangriff auf die Herzfelder Volksschule, worin sich ein Soldatenlager befand. 1 Soldat blieb tot. Von den 15 abgeworfenen Bomben wurde aber auch das Haus der Familie Diekmann an der Kirche schwer getroffen und alle anwesenden (8 Personen) fast die ganze Familie Diekmann und Personal getötet.

Am Abend desselben Tages um 9¼ bis 10 Uhr erfolgte ein Großangriff auf die Stadt Soest und den Hauptbahnhof. Schwere Lufttorpedos, Spreng- und Brandbomben und Phosphorkanister gingen auf Stadt, Bahnhof und nördlich der Stadt nieder und richteten ungeheuren Schaden an. Auch hier in Hovestadt ein Krachen und Dröhnen und Bersten, als ginge die Weit unter. Türen und Fenster krachten in allen Fugen, Scheiben klirrten, die ganze Erde schien zu beben und dazu das an- und abschwellende Geräusch der Flugzeuge. Außer den gewaltigen Schäden in der Stadt und auf dem Bahnhof waren auch die Dörfer nördlich der Stadt schwer getroffen und hier ca. 67 Gehöfte und Häuser mehr oder weniger zerstört. Gewaltige Brände erleuchteten noch spät in der Nacht den südlichen Himmel, von krepierenden Blindgängern unterbrochen. Schwer gelitten hatten die Orte: Brockhausen, Heppen, Rottlinde, Lühringsen u. a. Riesige Bombentrichter in RottIinde, Soester Park und Friedhof machten die Wege unpassierbar. Die Bahnverbindung Soest-Bad Sassendorf war 12 Tage unterbrochen. Die Ruhr-Lippe-Kleinbahn fuhr erst am 23. Januar 1945 wieder bis Rottlinde. Licht und Telefon waren ebenfalls zerstört, die Post ging wieder nach 8 Tagen (mit Pferdefuhrwerk).

Am 2. und 3. Februar 1945 ward die Kleinbahn mit Bordwaffen beschossen, wobei es 2 Verwundete gab.

Einen größeren Tagesangriff erlitt Soest wieder am 28. Februar 1945 gegen 3 Uhr nachmittags. Es entstanden wieder größere Schäden am Bahnhof und in der Stadt. U. a. wurde die Petrikirche teilweise zerstört, viele Tote. Am 7. und 10. März wurde Soest wieder von feindlichen Fliegern heimgesucht, es gab wieder größere Schäden und menschliche Verluste. U.U. wurde auch der Domchor schwer getroffen. (Im Dom waren 50 Tote aufgebahrt.)

Als die Alliierten Herbst 1944 in ungestümen Vormarsch die deutschen Landesgrenzen erreicht hatten und die deutsche, militärische Lage immer hoffnungsloser wurde, alle Verbündeten (außer Japan) waren inzwischen abgefallen und zu den Feinden übergegangen, proklamierte Hitler den »Volkssturm«, dem alle Männer vom 16. bis 60. Lebensjahr angehören sollten, »um das Vaterland zu retten«. Doch im Osten, Süden und Norden schritten die Alliierten zum letzten Sturm. Um Berlin kämpften bereits die russischen Truppen, als die Amerikaner am 7. März 1945 den Rhein bei Remagen überschritten und die Engländer den Strom am 24.3. bei Wesel überquerten. In zügigem Tempo stießen die alliierten Kolonnen, das Ruhrgebiet umfassend, durchs Lahntal und Münsterland gen Osten.

Anfang März mussten auch in Hovestadt durch den Volkssturm an allen Straßenausgängen des Ortes sogenannte Panzersperren errichtet werden. Diese, aus in die Erde (senkrecht) gesetzten und quergelegten Baumstämmen erstellten Hindernisse sollten die feindlichen Fahrzeuge aufhalten und denselben endgültig den Weg verlegen. Ein kindlich-naiver Gedanke!

In der ersten Märzhälfte 1945 durchzogen Tausende von Kriegs- und Zivilgefangene (hauptsächlich Russen) unseren Ort in östlicher Richtung, um der drohenden Umklammerung zu entgehen. Aus der Rhein- und Ruhrgegend kommend, wurden sie vorübergehend in Eickelborner Feldscheunen untergebracht und mussten dann weiter nach Osten marschieren. Ihre Bewachung wurde dem Volkssturm übertragen.

Am 24. März ward an der Hovestädter Lippebrücke durch Soldaten und Volkssturm eine ständige Wache eingerichtet, die Panzersperren an allen Ortsausgängen wurden mit Volkssturm besetzt.

Einen Tag später wurden Bomben an der Lippebrücke angebracht und die Sprengung der Brücke vorbereitet.

Am 29.3. hatten die Alliierten bereits Brilon und Drensteinfurt erreicht. In den letzten Märztagen sah unser Dorf bei Tag und Nacht viel deutsche Soldaten per Auto, Wagen und Handwagen und zu Fuß auf der Flucht nach Osten, um der drohenden Einkreisung zu entgehen.

Viel Zivilflüchtlinge durchquerten ebenfalls in diesen Tagen per Fahrrad, Auto und zu Fuß unseren Ort in östlicher Richtung.

Am 31.3., Samstag-Abend, gegen 6.18 Uhr, wurden hier alle Panzersperren geschlossen. – Große Aufregung im Dorf wegen drohender Brückensprengung. Wilde Gerüchte im Ort!

Gegen 2 Uhr nachts 1.4.1945 starke Detonation: Brückensprengung Lippborg und Kesseler. Um 2¾ Uhr wurde unter gewaltigem Krachen die Hovestädter Brücke in die Luft gesprengt. Hierbei wurde das Haus Kleeschulte fast völlig zerstört, eine große Zahl von Wohnhäusern mehr oder weniger stark beschädigt, besonders Dächer und Fenster stark in Mitleidenschaft gezogen: Dürrefeld, Hokenbecker, Lammers, Röttger, Cräsing, Becker, Brörken u. a., am Schloss waren fast sämtliche Scheiben kaputt.

Die Hovestädter Besatzung wird auf 80 Mann (Soldaten) verstärkt. Am selben Morgen, 1. April 1945, dem ersten Ostertag, rollen amerikanische Panzer in Herzfeld ein, dort alles ruhig. In Hovestadt werden weiße Flaggen gehisst.

Gegen 11 Uhr (vormittags) erscheinen Amerikaner an der Herzfelder Lippeseite und winken herüber, darauf folgen Verhandlungen wegen Übergabe Hovestadts, doch der zuständige Oberleutnant will nicht kapitulieren. Hovestadt erhält Frist bis 12½ Uhr. Die hiesige Bevölkerung hat in den Kellern des Schlosses, St.-Ida-Hospitals, des Amtsgebäudes, der Schule und auswärts Schutz gesucht und verfolgt in größter Spannung das Ergebnis der Verhandlungen. – Frauen und Kinder ziehen mit weißen Tüchern zur Lippe. Der Oberleutnant kann sich noch nicht entschließen. Die widersprechendsten Gerüchte durcheilen das Dorf. Es folgen nochmalige Verhandlungen, die auf deutscher Seite von Hauptmann Peusen, Unterarzt Bachmann, und Frau von Gagern in Herzfeld mit den Amerikanern geführt werden. Vorher hatte Hauptmann Peusen seine Truppe (ca. 80 Mann) befragt, ob sie weiter kämpfen und seinen Befehlen folgen wollen, was von den Soldaten verneint wird. Endlich, gegen 4 Uhr nachmittags, kehrt die deutsche Delegation in Begleitung von 10 Amerikanern von Herzfeld zurück. Die zwischen Lammert und Brörken wartende deutsche Truppe, von denen ein erheblicher Teil schon vorher in Zivilkleidung desertiert war, wird per Kahn nach Herzfeld übergesetzt und begibt sich in amerikanische Gefangenschaft. Eine große Zahl von Zivilgefangenen Holländern und Belgiern schließt sich an. Doch der Krieg ist hier noch nicht zu Ende. Hovestadt bekommt noch keine amerikanische Besatzung, dagegen erhält es in der kommenden Nacht wieder eine deutsche Einquartierung in Stärke von etwa 30 Mann, die mit 2 Panzerspähwagen und Maschinengewehren ausgerüstet sind. Am Oster-Montagmorgen (2.April) gegen ½9 Uhr wird hiesige Bevölkerung erschreckt durch wildes Maschinengewehrfeuer unserer Soldaten, worauf die Amerikaner (von Herzfeld) mit Abschießung von Phosphorgranaten antworten, wodurch 2 Häuser, Wiengarn, Hovestadt und Hunecke, Nordwald, in Brand geschossen und völlig zerstört werden. – Im Raum Lippborg - Hamm starkes Geschützfeuer, anscheinend dort heftige Kampftätigkeit.

In den frühen Morgenstunden des Dienstags (3.4.) gegen 1 Uhr fielen wieder starke Schüsse im Dorf. Die deutsche Besatzung hatte mit Panzerfäusten den amerikanischen Ponton-Brückenbau-Versuch angegriffen, gegen 4 Uhr wieder Schüsse. Von ½10 - ½1 Uhr lag unser Dorf unter ziemlich heftigem amerikanischen Artilleriebeschuss von Herzfeld aus. Eine Anzahl von Häusern erlitten wieder starke Schäden: Schauff, Schwartze, Lammert, alte Schule, Vikarie, Ziegler u. a. Während es in unserm Ort des Nachmittags ruhig blieb, herrschte den ganzen Tag über im Westen, Raum Hamm - Lippborg lebhafte Feuertätigkeit, welche sich abends noch verstärkte.

Am Mittwoch, 4.4., hier ziemlich ruhig. Die deutsche Besatzung zieht gegen ½5 Uhr morgens mit 2 Panzerwagen über Nordwald ab, nachdem sich einzelne Angehörige in Hovestadt noch an Anzügen und Lebensmitteln bereichert hatten. In Richtung Lippborg - Hamm wieder starkes Geschützfeuer.

Der Donnerstag, 5.4., begann nachts mit heftigem Beschuss im Westen. Gegen 11 Uhr, 5.4., herrscht in unserm Dorf fieberhafte Spannung: Stündlich wird mit dem Einrücken der Amerikaner über Eickelborn - Lippstadt gerechnet. Weiße Fahnen werden überall ausgehängt. Endlich, gegen 1 Uhr mittags, treffen die amerikanischen Soldaten mit 50 Wagen am Althof ein. Anschließend werden die Häuser teilweise nach Waffen durchsucht. Das Amtsgebäude und die Rentmeisterwohnung werden von den Amerikanern beschlagnahmt. Ein Ausgehverbot im Dunkeln wird erlassen. – Am Nachmittag wieder starkes Artilleriefeuer aus der Richtung Oestinqhausen - Hultrop, das bis in die Morgenstunden des Freitag, 6.4., anhielt (bis gegen 8 Uhr). Auf den dortigen Straßen starke Panzerbewegungen, am Nachmittag wieder Aufleben des Beschusses in westlicher Richtung. Am Nachmittag, gegen 5 Uhr zieht die amerikanische Besatzung wieder ab, die Hovestädter Bevölkerung bringt ihre Habe wieder nach Hause. Im Westen herrscht gegen Abend auch Ruhe. – Auch Soest ist in amerikanischer Hand.

Am Samstag, 7.4., wird hier überall mit Aufräumen begonnen. An der Lippe wird für notdürftigen Verkehr ein Floß gebaut, das später durch einen Kahn ersetzt wird. Für den Transport der Milch zur Herzfelder Molkerei wird eine Drahtseilbahn angelegt.

Sonntag, 8.4., sind wieder amerikanische Panzerstreifen im Ort, sämtliche Waffen werden beschlagnahmt.

Anfang Mai 1945. Die deutsche Tragödie geht mit Riesenschritten ihrem Ende zu! »Hitlers 1000-jähriges Reich« steht unmittelbar vor dem totalen Zusammenbruch. Die Verbände der Westmächte und ihr bolschewistischer Partner treffen sich bei Torgau an der Elbe, fast ganz Deutschland ist in ihrer Hand. Der »Führer« und sein Propagandist Goebbels richten sich selbst. Am 7. Mai wird von den Vertretern des deutschen 0KH der bedingungslose Waffenstillstand unterzeichnet und 2 Tage später die Kampfhandlungen eingestellt, auf Grund bedingungsloser deutscher Kapitulation.

Die Bilanz des II. Weltkrieges: insgesamt ca. 55 Millionen Tote. Deutschland hat etwa 4,2 Millionen tote Wehrmachtsangehörige zu beklagen. Die Zahl deutscher Zivilisten, die durch Bombenangriffe, Kriegshandlungen, Verschleppung und Vertreibung umgekommen sind, wird nicht viel kleiner sein.

5-6 Millionen Juden (der größte Teil aus Polen) wurden meist in den berüchtigten KZ-Lagern unter unmenschlichen Bedingungen umgebracht.   

Vergessen seien aber auch nicht die Tausende aufrechter deutscher Männer und Frauen, die den Mut aufbrachten, gegen das Gewalt-System der NSDAP anzugehen, oder sogar versuchten dasselbe zu beseitigen: Goerdeler, Beck, v. Witsleben, Staufenberg 20. Juli 1944, um nur einige wenige zu nennen und Zigtausend Ungenannte, welche größtenteils in den KZ auf grausamste Art umgebracht wurden. – Gedacht sei hier auch mancher kirchlicher Vertreter beider Konfessionen, die es wagten, unter Lebensgefahr gegen die verbrecherischen Taten (z. B. Beseitigung der Geisteskranken, Vertreibung von Ordensschwestern, Judenmord usw.) des braunen Terrors zu protestieren und hierfür meist im KZ endeten. Als einer der mannhaftesten und unerschrockensten Kämpfer für Gerechtigkeit, Freiheit und Menschlichkeit sei hier noch der Bischof von Münster, Kardinal Graf von Galen, genannt »Der Löwe von Münster« erwähnt, der in seinen Dompredigten die Untaten des Regimes anprangerte.

31 junge einheimische Bewohner von Hovestadt (also ohne Evakuierte und Flüchtlinge) mussten als Angehörige der Wehrmacht im II. Weltkrieg ihr junges Leben opfern. Nordwald hatte 6 Tote zu beklagen. Als Folge des verlorenen Krieges wird fast ein Viertel des deutschen Landes (v. 1937) von Russen und Polen annektiert, die deutsche Bevölkerung, soweit noch nicht geflohen, daraus vertrieben. Etwa 12 Millionen Deutsche aus den deutschen Ostprovinzen, dem Sudetenland und den osteuropäischen Ländern wurden in das restliche, übervölkerte und zerstörte West- und Mitteldeutschland abgeschoben und mussten dort behelfsmäßig untergebracht werden. Ein scheinbar hoffnungsloses Problem, waren doch die größeren Städte alle mehr oder weniger zerstört. Dazu kam der Hunger und der Mangel an allen notwendigen Konsumgütern. Die Zukunft Deutschlands schien damals ausgelöscht.

Das ganze westliche Deutschland war von den Siegermächten besetzt worden. In 4 Besatzungszonen aufgeteilt übten die Militärregierungen der Sowjets, Engländer, Franzosen und Amerikaner die oberste Gewalt aus und pressten das zerstörte Land noch nach Möglichkeit aus (Demontage von Maschinen, Kohlen u. a.). Bereits am 5. April war Hovestadt von den Amerikanern eingenommen. In der Folge erhielt unser Dorf eine kleine amerikanische Besatzung, die im Mai von Engländern abgelöst wurde, gehörte doch unser Gebiet zur englischen Zone. Zu diesem Zweck wurde das Sauerland'sche Haus, (Nordwalder Str.), beschlagnahmt. Im Juli übernahmen die Serben die Wache, welche hier aus der ganzen Umgegend zusammengezogen wurden. Dieselben waren hier Mitte August ca. 170 Mann stark und in verschiedenen Lagern, alte und neue Schule, bei Krippendorf und Rodehüser, untergebracht. Verpflegung wurde in erster Linie von den Besatzungsmächten geliefert, doch hatte auch unser Amt mancherlei Beiträge in Gestalt von Eiern, Milch, Gemüse und Kartoffeln zu leisten. Abzug der Tito-Serben im August, der Rest ging Anfang Dezember nach Soest.

In den ersten Monaten der Besetzung waren bei Krippendorf und in der alten Schule kriegsgefangene Russen und Polen untergebracht, welche größtenteils vom St.-Ida-Hospital ihr Essen bekamen. Sehr zu leiden hatte die hiesige Bevölkerung unter den Raubüberfällen der Russen, welche es besonders auf Lebensmittel, Kleidung, Uhren und vor allem auf Fahrräder abgesehen hatten.

Manche einzeln gelegene Gehöfte der Nachbardörfer wurden in bezug auf Fleischwaren und Kleidungsstücke vollständig ausgeplündert, u. a. Steven und Schulte in Nordwald. Hierbei wurden auch verschiedene Besitzer umgebracht: Schulte Schachtrup, Bröckelmann und Bellenhaus, Herzfeld, Paul Laumeier, Schoneberg u. a.

Im Juni wurde unserm Kreis von der Militärregierung eine große Kleiderabgabe auferlegt, hauptsächlich Anzüge, Damenkleider, Unterwäsche und Schuhe. In Hovestadt wurden 115 Stck. Männergarnituren aufgebracht.   

Die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit den notwendigen Lebensmitteln war 1945, besonders in den größeren Städten und Industriezentren, wieder recht kritisch geworden. Die Zerstörung der Verkehrsmittel, die sinnlosen Sprengungen der Brücken bei Kriegsende, Plünderungen der Lebensmittellager durch Deutsche und Ausländer trugen wesentlich zu der schlechten Ernährungslage bei. (Die Fleischmenge auf Lebensmittelkarte betrug zeitweise 50 Gramm pro Woche.) Die hungrigen Städter kamen wieder massenweise aufs Land, um zu hamstern, vielfach zu Wucherpreisen oder auf dem Wege des Tauschhandels. Allmählich wurden dieselben hier zu einer wahren Landplage.

Eine große Belastung für die hiesigen Einwohner bildeten auch die immer noch zahlreichen Evakuierten aus den benachbarten Großstädten (Juli 1945 hatte Hovestadt auf ca. 700 Einwohner noch ca. 280 Ev.). Wegen des beengten Wohnraums waren gelegentliche Reibereien fast unvermeidlich.

Sehr schwierig war auch hier, wie fast überall im deutschen Vaterland, die Verkehrslage, doch wurde auch auf diesem Gebiet mutig angefasst. Die Ruhr-Lippe-Kleinbahn, welche sehr unter Bombardierung und Beschuss gelitten hatte, konnte am 14. Juni den Betrieb bis Rottlinde wieder aufnehmen, am 14. September bis Soest. Omnibusse nach Lippstadt fuhren seit Anfang Mai wieder. Die Post nahm Anfang Juli ihren Betrieb beschränkt wieder auf, ab Mitte September auch wieder Paket- und Expressverkehr. Mai 1945 wurde bereits auf einer Amtssitzung der Neubau der Hovestädter Lippebrücke beschlossen. Die Notbrücke konnte am 18. August trotz der schwierigen Materialbeschaffung dem Verkehr übergeben werden. Die Aufräumungsarbeiten, die Beseitigung der Trümmer von der gesprengten Brücke, bekamen einige Verzögerung durch das sommerliche Hochwasser von der Lippe, welche die Wiesen überflutete. Durch Sprengungen wurden die Betonmassen zerkleinert. Die Finanzierung der neuen Betonbrücke, welche mit ca. 100.000 Mark veranschlagt war, trugen mit je 30.000 Mark die Ämter Oestinghausen und Liesborn Wadersloh, mit je 20.000 Mark sind die Kreise Soest und Beckum beteiligt. Für den Neubau der Brücke wurden in Hovestadt 8.400 Mark und in Nordwald 2.000 Mark an freiwilligen Beiträgen aufgebracht. Trotz aller Schwierigkeiten ging der Bau rüstig voran. Im kommenden Winter hatte die halbfertige Brücke eine schwere Belastungsprobe. Das Stahlskelett war fertig eingeschalt und stand unmittelbar vor dem Zementguss, als am 9. Februar 1946 die große Überschwemmung über Hovestadt hereinbrach. Die Flut drohte auch den Brückenbau mitzureißen, doch hielten das Stahlgerüst ebenso wie die Notbrücke den braunen Wogen stand. Am 9. Juli 1946 konnte die neue Lippebrücke in einer schlichten würdigen Feier dem Verkehr übergeben werden. (Baufirma F. C. Reinke u. Co., Wickede, Bauleiter Gaede.)

In den letzten Kriegswochen (April 1945) waren in Hovestadt einige Häuser (Kleeschulte und Wiengarn) in Nordwald Hunecke ganz zerstört und eine ganze Reihe mehr oder weniger stark beschädigt worden (Schauff, J. Schwartze, E. Lammert, Fritz Naumke u. a.). Für dieselben wurde in Hovestadt und Nordwald eine Haussammlung veranstaltet, welche die Summe von rund 14.800 Mark erbrachte, die an die Schwerstgeschädigten verteilt wurden. Mit der Ausbesserung, bzw. mit der Neuerstellung der Häuser wurde alsbald begonnen, wenn auch die Materialbeschaffung sehr schwierig war.

Im Laufe des Sommers 1945 traf ein großer Teil der Hovestädter Kriegs- gefangenen wieder in der Heimat ein.

Während ein Teil der evakuierten Bombengeschädigten bis Jahresende unser Dorf wieder verließ, trafen hier im Herbst 1945 die ersten Ostflüchtlinge und Vertriebenen ein und klopften an unsere Türen. Ihre Zahl sollte sich in den nächsten Jahren noch bedeutend erhöhen. Sommer 1946 kamen ganze Transporte in unsern Kreis, überwiegend Schlesier und mussten hier untergebracht werden. Ende 1948 zählte der Kreis Soest rund 17.000 deutsche Ostflüchtlinge und Vertriebene, ihr Anteil an der Hovestädter Bevölkerung betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 150 Seelen. Bei Biele wurde 1952 für dieselben ein Lager eingerichtet, da immer noch neue Flüchtlinge eintrafen.

War die Versorgung der städtischen Bevölkerung mit Lebensmitteln im Deutschland der Nachkriegszeit sehr schlecht, ja zeitweise katastrophal, so hatten die hiesigen Einwohner ganz besonders unter Brennstoffmangel zu leiden, da Kohle nur in ganz geringen Mengen zugeteilt wurde. Zum Ausgleich wurde Herbst 1945 Holz aus dem Arnsberger Wald beschafft, doch war der Winter ziemlich milde. Oktober-November 1946 wurde eine große Holzaktion im Arnsberger Wald organisiert, an der alle einsatzfähigen Hovestädter Männer beteiligt waren. Bereitete der Holztransport nach hier noch einige Schwierigkeiten, so konnten den hiesigen Haushalten immerhin einige Raummeter zugeteilt werden. Schwer lastete die Not der Nachkriegsjahre auf der deutschen Bevölkerung. Gleich nach Kriegsende wurde mit der Beseitigung des Trümmerschutts in den zerbombten Städten begonnen und der Wiederaufbau in die Wege geleitet, denn die Wohnungsnot war ja riesengroß. Das Baumaterial war allerdings sehr knapp und nur unter größten Schwierigkeiten zu beschaffen. Doch langsam, aber stetig ging es wieder aufwärts.

Auch in unserm Dörfchen verheilten allmählich die Wunden des Krieges. Da brach plötzlich ein neues Unglück über unsern Ort herein, nämlich die große Überschwemmung im Februar 1946. Nach mehrtägigen, fast ununterbrochenen Regen traten in ganz Nordwestdeutschland die Flüsse aus den Ufern. Anfang Februar zeigte auch das Lippetal die normale Überflutung, übrigens die erste in diesem Winter. Am Freitag-Abend, 8. Februar, stieg das Wasser jedoch rapide. Fieberhaft wurde noch um Mitternacht an den Schutzdämmen gearbeitet, doch alle Mühe war umsonst. Gegen 3 Uhr Samstag-Morgen (9.2.) strömten die Fluten fast in ganzer Breite übers Wälleken und durch den Althof in die Gräfte und gegen Morgen ins Dorf. Fast alle Straßen waren überschwemmt, mindestens durch die Hälfte der hiesigen Häuser strömte die braune Flut. Das Vieh wurde vielfach schon durchs Wasser nach auswärts gebracht, den Bewohnern blieb nichts anderes übrig, als nach oben zu ziehen. Bis zu 90 cm wurden verschiedene Häuser durchspült. Lebensmittel wurde vom St.-Ida-Hospital an die bedrängten Bürger geliefert. Straßen und Wege erlitten durch die Strömung ebenfalls sehr große Schäden. Das Wasser stieg bis Samstag-Abend um 6 (18) Uhr und ging dann langsam zurück. Am kommenden Montag waren die Häuser wohl wieder frei, bis auf die Keller, welche in den nächsten Tagen und Wochen ausgepumpt werden mussten. Bei uns stand das Wasser auf der Nordwalderstraße bis zum Laden, bei Hiltermanns Kreuz war die Chaussee (am Samstag) ca. 40 cm tief überschwemmt. Die hölzerne Notbrücke über die Lippe und die unmittelbar vor dem Zementguss stehende neue Betonbrücke hielten Gott sei Dank den Wogen stand. Die betroffenen Häuser und Einrichtungen erlitten erhebliche Schäden.

Am 9. Juli 1946 konnte die neu erbaute Lippebrücke mit einer schlichten würdigen Feier in Anwesenheit der Regierungspräsidenten Fries und Hackethal dem Verkehr übergeben werden.

Am 15.9. und 13.10.1946 wurden hier in freier Wahl erstmalig wieder Vertreter für Gemeinde, Kreis und Amt gewählt, großer Sieg für die neu gegründete CDU. Nachdem Preußen zerschlagen war, wurde die britische Zone in 5 Länder eingeteilt. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Die Verwaltung unseres Landes, welche seit der Besetzung 1945 durch die Siegermächte zunächst nur auf der untersten Ebene von Deutschen getätigt wurde, ging gegen Ende 1946 in den mittleren und oberen Instanzen allmählich von der Militärregierung in deutsche Hände über.

Nach englischem Vorbild wurde in der deutschen Verwaltung auch die Zweigleisigkeit eingeführt. Amtsbürgermeister August Eichler, Schulrat i. R., der bei der Besetzung unseres Landes Anfang April 1945 von der Militärregierung eingesetzt war, wurde von der neugewählten Amtsvertretung im Juni 1946 in seinem Amt bestätigt. Hans Schütte wurde zum Amtsdirektor gewählt (29.7.46). November 1948 wurde Dr. Eichler durch Heinrich Luhmann, Schoneberg abgelöst. Als der Letztgenannte 1956 zurücktrat, war Willi Luhmann, Bettinghausen, Amtsbürgermeister. Amtsdirektor Schütte wurde 1956 wegen Verfehlungen entlassen. Sein Nachfolger ist seither Franz-Josef Nölle, nach der Neuordnung 1969 ist er Gemeindedirektor von Lippetal. Gemeindebürgermeister von Lippetal ist seit 1969 Elmar von Plettenberg. Den Posten des Hovestädter Ortsbürgermeisters bekleidete vom Kriegsende 1945 bis zu seinem Rücktritt 1956 der Sattlermeister August Adrian. Sein Nachfolger war Fuhrunternehmer Paul Piepenbreier, der dieses Amt bis zur Neuordnung 1969 innehatte.

Der Sommer 1947 zeichnete sich aus durch sehr große Hitze und Trockenheit. Wochenlang fiel kein Regen. Gräben und Teiche waren größtenteils völlig ausgetrocknet, selbst die Lippe führte so wenig Wasser, dass man an vielen Stellen ohne Gefahr hindurch laufen konnte. Die Ernte, besonders Sommerkorn, Kartoffeln und Runkeln, war infolge der Dürre recht bescheiden, der 2te Grasschnitt gleich Null, die Weiden vollständig rot. Da sich dieser Minderertrag ungünstig auf unsere Ernährungslage auswirken musste, so nahm das Hamster-Unwesen im Herbst 47 wieder ein bedrohliches Ausmaß an, besonders waren Kartoffeln begehrt.

Doch trotz aller Unbilden und Schwierigkeiten ließ sich unsere Bevölkerung nicht unterkriegen. Am 20. August 1947 wurde zum erstenmal seit Kriegsende (genau seit 1939) wieder Schützenfest in Hovestadt gefeiert. Bei Dünnbier und selbstgebranntem Schnaps war es ein sehr lebhaftes Fest. Der Vogel wurde abgeworfen, da Schusswaffen verboten. König wurde Heinrich Beier, der sich Frau Ida Rüpping, Nordwald zur Mitregentin erwählte. Veranstalter des Festes war der 1. Juni hier neu gegründete Heimatverein (unter Leitung von Fritz Böhmer) und wurde der erste Festtag mehr als Heimatfest begangen. Dieser Verein nahm auch die Schaffung eines Gemeindesaales (ehemaligen Kuhstall Biele) für Hovestadt in Angriff.  

Die Ernährungslage der deutschen Bevölkerung, besonders in den Städten und auf dem Lande auch der Evakuierten und der Ostvertriebenen blieb weiter sehr angespannt und unzureichend. Während die Brotrationen infolge der ausländischen Zufuhren im Winter 1947/48 einigermaßen ausreichend waren, stand es um die Fleisch- und Fettversorgung sehr schlecht. Wochenlang bekamen die Normalverbraucher auf Karten kein Fett und auch kein Fleisch zugeteilt. Erst im Mai 1948 wurde es mit der Fettzuteilung (infolge des Marshallplanes) etwas besser, um im Juni auf monatlich ca. 700 g. zu steigen. Fleisch blieb jedoch weiter sehr knapp.

So nahmen Schwarzschlachtungen, Schwarzbrennerei und Schwarzhandel immer größeren Umfang an. Zu normalen Preis war für Geld so gut wie nichts mehr zu kaufen, alles musste »kompensiert« oder mit Schwarzpreisen bezahlt werden, die vielfach das Hundertfache des amtlichen Preises betrugen. Es wurde bezahlt für ein Ei bis 10 Mark, für 1 Pfund Butter 180-200 Mark, 1 Zentner Weizen 600-1.000 Mark. Mit allen Bedarfsgütern verhielt es sich ähnlich.

Eine Änderung brachte die Währungsreform, welche am 20. Juni 1948 auf der Grundlage 1:10 in Kraft trat. Jede Familie erhielt sofort gegen Reichsmark 40 DM ausgehändigt, später nochmals 20 DM. Der größte Teil der bewirtschafteten Gebrauchsgüter wurde anschließend freigegeben, ebenso ein Teil der Lebensmittel wie Eier, Gemüse u. a.

Es war für Viele ein Erlebnis, dringend nötige Artikel z. B. Herde, Öfen, Töpfe, Geschirr u. a. wieder frei kaufen zu können, zum Teil allerdings gegen neu ausgegebene Punkte (Schuhe, Textilien u. a.) Der Sommer 1948 war äußerst regnerisch. Ab halben Juni gab es hier unwahrscheinlich viel Niederschläge, die sich besonders am 8. und 9. Juli hier im Lippegebiet zu gewaltigen Wolkenbrüchen steigerten, wodurch die Lippe über alle Ufer trat und am 10.7. drohte, auch unser Dorf zu überfluten. – Ungeheure Mengen Heu, ebenso Gerste und einzelnes totes Vieh führten die braunen Wogen mit. Hier im Bezirk Hovestadt - Schoneberg sind allein ca. 40 Morgen Heu weggeschwommen, das Vieh musste vielfach aufgestellt werden, die Heuernte an der Lippe war vernichtet. Am politischen Himmel ballten sich ebenso wieder schwarze Wolken zusammen, nämlich der angeblich durch die Währungsreform ausgelöste, jetzt offene Machtkampf zwischen Westmächten und der Sowjet-Union in der »Schlacht um Berlin«.

In althergebrachter Weise, friedensmäßig, wurde am 1. August d. J. in Hovestadt wieder das Schützenfest begangen, bei sehr guter Beteiligung ein schönes Fest. Die Würde des Schützenkönigs errang mit Armbrust Fritz Krippendorf, der sich Frl. Hildegard Dürrefeld zur Königin erkor.

Am 3. Oktober veranstaltete der Heimatverein auf der Idawiese ein Wald- fest mit Tanz. Es wurde dank der vielen freiwilligen Hilfe ein Reingewinn von 4.585 DM erzielt, der zum Ausbau des Gemeinde-Saales bei Biele verwandt werden soll.

Herbst 1948 wurde in Hovestadt-Nordwald auch die Freiwillige Feuerwehr neugegründet, Paul Piepenbreier ward zum Brandmeister gewählt. Bereits im Jahr 1902 war hier die Wehr, die zunächst Vereinscharakter besaß, nach einem größeren Brand ins Leben gerufen. Gleichzeitig wurde damals auch eine handbetriebene Saug-Druckspritze angeschafft, die gegenüber der alten, seit den 70 Jahren des vorigen Jahrhunderts nachweisbaren und mit Ledereimern bedienten Feuerlöschspritze, eine wesentliche Verbesserung darstellte. Es war in der damaligen Zeit selbstverständliche Pflicht eines jeden Mitbürgers bei größeren Unglücksfällen, besonders bei Brandkatastrophen, nachbarliche Hilfe zu leisten. – Mittlerweile war auch das alte Spritzenhaus am Althof baufällig geworden und auch die handbetriebene Spritze (von 1902) genügte den jetzigen Anforderungen nicht mehr. Ein zentral gelegenes Gebäude, das Nebenhaus des ehemaligen Hauses Block konnte günstig erworben werden. Von den Feuerwehrkameraden wurde es in Eigenleistung renoviert und dem neuen Zweck entsprechend umgebaut. Eine moderne Motorspritze konnte ebenfalls angeschafft werden zum Preis von 3.800 DM. Die Finanzierung derselben erfolgte auf dieser Basis: 1.200 DM durch freiwillige Beträge in Hovestadt und Nordwald, Kegelveranstaltung 600 DM, je 1.000 DM Zuschuss von Gemeinde und Amt. Die feierliche Einweihung des Gerätehauses und der neuen Motorspritze wurde am 1. Mai 1949 in würdiger Weise begangen, woran alle benachbarten Wehren teilnahmen. 1957 erhielt die Hovestädter Feuerwehr den modernen Feuerlöschwagen und damit wieder eine bedeutende Verbesserung.

Am 1. Juni 1949 wurde in unserm Land eine Viehzählung durchgeführt, die für unser Dorf nachstehendes Bild zeigte: 9 Pferdehalter besaßen 25 Pferde, davon 18 Zugtiere, 33 Kuhhalter hielten 116 Stck. Rindvieh, davon 71 Milchkühe, 26 Ziegenhalter hatten 48 Ziegen, 12 Schafhalter 19 Schafe und 90 Schweinehalter mästeten 213 Schweine. Ferner gab es 17 Gänse, 9 Enten, 990 Hühner. Die Besserung der Wirtschaftslage in Westdeutschland hielt an. Günstig für die Ernährung wirkte sich auch die gute Ernte dieses Jahres aus, nicht zuletzt bedingt durch das anhaltende, selten schöne Nachsommer- und Herbstwetter dieses Jahres, welches auf den feuchtkalten Frühling und Frühsommer folgte. Bis Ende d. J. 1949 waren alle Lebensmittelkarten in Wegfall gekommen bis auf die Zuckerkarte, die zuletzt Januar 1950 ausgegeben, aber kaum noch abgeholt wurde.

Das Jahr 1949 wird zu einem Markstein in der Geschichte unseres deutschen Vaterlandes. In Bonn wurde im Mai d. J. nach langwierigen Verhandlungen das Grundgesetz, der Anfang des deutschen Bundesstaates unter Dach gebracht. Am 14. August war die Wahl zum Bundestag, worauf im September die Proklamierung der (west)deutschen Bundesrepublik erfolgte. Das westliche Deutschland war durch den Zusammenschluss der drei westlichen Besatzungszonen bzw. der elf deutschen Länder wieder souverän geworden. Neben dem Entgegenkommen der westlichen Alliierten muss das besondere Verdienst des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauers erwähnt werden an der Gründung und Entwicklung der jungen Republik. Zu ihrem ersten Präsidenten wurde Theodor Heuss. – Leider gelang es trotz aller Bemühungen nicht, das sowjetisch besetzte und nach russischem Vorbild wirtschaftlich und politisch geprägte Mitteldeutschland mit unserm Staat wieder zu vereinigen, da alle diesbezüglichen Bestrebungen am Widerstand der Sowjetgewaltigen scheiterten, welche ihre Position im Herzen Europas nicht aufgeben wollten. Die Erklärung der russischen Zone zur Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war die logische Folge, ebenso die immer wieder entbrannten Machtkämpfe der Großen um das freie Berlin.

Nach den Hungerjahren der ersten Nachkriegszeit war die Ernährung in Westdeutschland infolge der amerikanischen Hilfe wieder menschenwürdig und ausreichend geworden.

Der wirtschaftliche Aufschwung hielt unvermindert an. Auf einem Gebiet herrschte allerdings noch sehr großer Mangel, nämlich in der Wohnungsfrage, wesentlich durch die Zerstörung der deutschen Großstädte und das Hereinströmen der ca. 10 Millionen deutscher Ostvertriebenen. Zwar hatte sich auch hier seit Kriegsende schon allerhand getan: Beseitigung der Trümmer, Instandsetzung beschädigter Häuser und Errichtung etlicher Neubauten, doch die Knappheit der Materialien wirkte sich in den ersten Nachkriegsjahren recht hemmend aus. Doch wurde überall fleißig angepackt.

Auch in unserm Dörfchen war Anfang 1949 die Wohnungslage zum Teil noch katastrophal: hausten doch vielfach Flüchtlingsfamilien mit 3-4 Personen auf einem Zimmer. Wirkliche Abhilfe konnte hier nur erreicht werden durch verstärkte Förderung von Neubauwohnungen, Bereitstellung von Baugrundstücken, staatlichen Zuschüssen usw. Im Frühjahr d. J. wurde in unserm Kreis eine Siedlungsgesellschaft ins Leben gerufen, die den Bau von Kleinsiedlungen in die Hand nehmen will. Jeder Baulustige muss einen Anteil von 300 DM zeichnen, die übrigen Anteile sollen auf freiwilliger Basis aufgebracht werden. In Hovestadt fanden sich zunächst 8-10 Baulustige. Am 24. Mai d. J. wurden hier auch die Kauf- bzw. Erbpachtverträge zwischen den neuen Siedlern an der Weslarner Straße und auf dem Löttenkamp perfekt. Der Hiltermann'sche Kamp an der Nordwalder Straße wurde ebenfalls von den Hiltermanns Erben aufgeteilt und an 4 Baulustige verkauft. (Seit 1944 hatten hier Behelfsheime gestanden.) Ein ganz neues Wohngebiet erstand in den folgenden Jahren am Schlopheck auf dem ehemaligen Grundstück der Familie Biele. Aber auch im Ortskern selbst wurden manche neue Häuser errichtet, doch blieb das alte Dorfbild im wesentlichen erhalten. Bis Ende 1950 sind in Hovestadt 5 neue Häuser gebaut, 6 Stck. befinden sich im Rohbau, bzw. sind in Angriff genommen.

Einige Schwierigkeiten bereitete noch die Eingliederung der Ostvertriebenen in die westdeutsche Wirtschaft: Anfang 1950 wurden in der Bundesrepublik über 2 Millionen Arbeitslose registriert, doch mit dem anhaltenden wirtschaftlichen Aufstieg ging diese Zahl schnell zurück.

Allmählich begann sich auch wieder kulturelles Leben in unserer Gemeinde zu regen. Am 10. Januar 1950 wurde hier der »Gemischte Chor Frohsinn Hovestadt-Nordwald« gegründet, nachdem schon seit längerer Zeit gesungen war. Als eigentlicher Initiator muss hier der leider viel zu früh verstorbene Josef Schröder erwähnt werden. Zum ersten Vorsitzenden wurde Schneidermeister Franz Giepen gewählt. Den Dirigentenposten übernahm Lehrer Fritz Zyprian Oestinghausen, der zum 1. April d. J. nach Hovestadt versetzt wurde. Unter seiner tüchtigen Leitung errang der Verein bald eine beachtliche Stellung im kulturellen Leben und trug mit seinen Liedervorträgen zur Verschönerung mancher Feier aus kirchlichen oder weltlichen Anlässen wesentlich bei. Aber auch die Pflege echter Gemütlichkeit kam zu ihrem Recht.

Nach fast 20 jähriger Unterbrechung wurde in diesem Winter, am 12. und 19. Februar (von kleinen Vorstellungen des Sportvereins abgesehen) zum erstenmal wieder Theater aufgeführt im Bieleschen Saal. Träger der Veranstaltung war die Hovestädter Feuerwehr, die Spielleitung lag in Händen von Josef Hegemann. Zur Aufführung kamen 2 Luststücke, einige Couplets und Lieder des Gesangvereins. Das Ganze fand guten Beifall. Erwähnt sei noch, dass die Bühne und sonstige Ausrüstung durch freiwillige, unentgeltliche Arbeit ganz neu geschaffen werden musste.

Ein freudiges Ereignis gab es am 11. April d. J.: Nach 6½jähriger Abwesenheit kehrte der letzte Hovestädter Wehrmachtsangehörige Gerhard Rüpping, Löttenkamp, aus russischer Kriegsgefangenschaft unerwartet zurück, nachdem er 1½ Jahr nicht mehr geschrieben hatte. Der Spätheimkehrer wurde mit Glockengeläut empfangen.

Mitte November 1950 erhielten unsere Straßen endlich auch wieder elektrisches Licht, vorerst 12 Lampen, die weiteren Wünsche mussten vorläufig aus finanziellen Gründen zurückgestellt werden.

In den nächsten Jahren hielt auch in unserer Gemeinde die rege Bautätigkeit an, so dass auf dem Wohnungsmarkt bald eine spürbare Entlastung eintrat.

Auf einem Gebiet herrschte allerdings in diesen Jahren immer noch Mangel: nämlich in der Versorgung unserer Bevölkerung mit notwendigem Brennmaterial. Besonders in den ziemlich kalten Wintern 49/50 und 55/56 machte sich diese Knappheit sehr unangenehm bemerkbar.

Sehr unangenehme und betrübliche Ereignisse brachte das Jahr 1955 unserm Amt. Nachdem schon seit geraumer Zeit z. T. die tollsten Gerüchte über Unterschlagungen und Schiebungen auf dem Amt in Hovestadt und Nachbargemeinden kursierten, erfolgte aufgrund einer anonymen Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Arnsberg eine eingehende Untersuchung der Vorgänge bei der hiesigen Amtsverwaltung durch zwei Kriminalbeamte. Bei dieser Überprüfung und der folgenden Gerichtsverhandlung in Arnsberg wurde der Hauptangeklagte, Amtsdirektor Hans Schütte, für schuldig befunden der Amtserschleichung und der Urkundenfälschung, dagegen konnte ihm persönliche, unfaire Bereicherung nicht nachgewiesen werden. Mehrere Angestellte der Amtsverwaltung waren ebenfalls in der Angelegenheit verwickelt, wurden gerichtlich verurteilt und wie Schütte aus der Verwaltung des Amtes entlassen. Sämtliche Bürgermeister der zwölf zum Amt Oestinghausen gehörenden Gemeinden wurden bei diesem Prozess zu Geldstrafen verurteilt, weil sie überhöhte Schadenersatzforderungen aus Manöverschäden unterzeichnet hatten. (Diese Gelder sollten für notwendige Straßenarbeiten in den Gemeinden verwandt werden.)

Das Jahr 1956 begann mit mildem Wetter, doch Ende Januar wurde es sehr kalt, der ganze Februar brachte starken Frost, bis 27 Grad minus. Die Kohlenknappheit machte sich wieder recht unangenehm bemerkbar, zumal sich auch März und April noch recht winterlich gaben. Große Schäden gab es an Wintersaaten, Obstbäumen und Sträuchern. Der Sommer war äußerst regnerisch, nach sehr starken Niederschlägen trat gegen den halben Juli die Lippe aus den Ufern, überschwemmte das ganze Lippetal und vernichtete die ganze Heuernte. Nach neuerlichen Wolkenbrüchen 19. /20. Juli drohte die Flut auch wieder unser Dorf zu überschwemmen, doch konnte mit vereinter Anstrengung der Schutzdamm am Althof und hinterm Schloss gehalten werden. Lediglich am Segenkamp wurden Teile des Dammes überflutet und die Gartenfrüchte in diesem Gebiet vernichtet.

Die nächsten Jahre brachten eine sich ständig steigernde Aufwärtsentwicklung der westdeutschen Wirtschaft. Die rege Bautätigkeit in Stadt und Land befruchtete alle Wirtschaftszweige, der Export deutscher Waren nahm ebenfalls stetig zu. Aus dem total besiegten und zerstörten Land war wider alles Erwarten in knapp 2 Jahrzehnten das deutsche Wirtschaftswunderland geworden, eine der ersten Industrienationen der westlichen Weit! Viele Probleme harrten allerdings noch der Lösung, besonders die ständig zunehmende Verschmutzung des Wassers und der Luft bereiteten den verantwortlichen Stellen manches Kopfzerbrechen.

In Hovestadt beschäftigten sich die leitenden Männer schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken, im Ort eine zentrale Wasserversorgungsanlage zu erstellen, bzw. unsere Gemeinde an ein größeres Wasserwerk anzuschließen, hatte doch ein Teil unserer Bürger schlechtes und zeitweise auch zu wenig Brunnenwasser zur Verfügung. Alle diesbezüglichen Pläne waren bisher an der finanziellen Frage gescheitert. Nachdem nunmehr die Finanzierungsgrundlage gesichert war, vor allem durch den sehr erheblichen Landeszuschuss, trat man nach reiflicher Überlegung mit dem Wasserwerk Lippe - Glenne, Beckum in Verbindung und wurde mit diesem Betrieb handelseinig.

Die Arbeiten wurden Frühjahr 1962 in Angriff genommen und bis Ende 1964 fertiggestellt. Alle Hausbesitzer mussten sich anschließen. Die ganze Anlage muss als Ganzes gesehen, als ein wesentlicher Fortschritt für unsere Gemeinde bezeichnet werden. – Auch eine ev. Brandbekämpfung ist jetzt leichter zu bewerkstelligen.

Die einwandfreie Beseitigung der (jetzt verstärkt) anfallenden Abwässer war der nächste, notwendige Schritt. Für die Durchführung wurde ebenfalls ein beträchtlicher Landeszuschuss gewährt. Mit den Arbeiten wurde die Firma B. Heckmann, Bockum-Hövel beauftragt, welche Frühjahr 1965 mit dem Verlegen der Kunststoffrohre auf der Schlossstraße begann.

Kaum liefen die Ausschachtungsarbeiten auf vollen Touren, als ein neues Unglück über unseren Ort hereinbrach: nämlich die große sommerliche Überflutung unseres Dorfes am 18. Juli 1965. Zwar hatten wir Februar 1946 noch eine große Überschwemmung erlebt, aber eine sommerliche Hochflut im Ortsbereich hatte es seit Menschengedenken hier nicht gegeben!

Mitte Juli 1965 gingen seit Tagen fast ununterbrochen Gewitterschauer nieder. Infolge der überreichlichen Niederschläge im Gebiet Hochsauerland – Marsberg - Warburg wurde am Freitag, 16.7. große Überschwemmung des Altenau-Tales (Kr. Büren) gemeldet, wo besonders der Ort Etteln in Mitleidenschaft gezogen wurde (4 Tote). Anschließend wurde von Paderborn und Neuhaus Hochwasseralarm gegeben. Einen Tag später wurde auch die Lippstädter Innenstadt infolge Dammbruch überflutet. Das ganze Lippetal glich auch hier einem riesigen See. – Für unsere Gemeinde wurde am Samstag-Abend d. 17.7. Hochwasser-Alarm gegeben. Feuerwehr aus der ganzen Umgegend, kanadische und deutsche Soldaten arbeiteten die ganze Nacht an der Befestigung der Schutzdeiche und verbarrikadierten mit Sandsäcken die Hauseingänge. Das Vieh wird in höher gelegene Ställe oder Weiden gebracht. Die Bewohner der gefährdeten Häuser stellen die Möbel u. a. hoch und ziehen in den Oberstock. Die braune Flut steigt unaufhaltsam. Kurz nach Mitternacht ergießt sich die erste Wasserwelle über die Gräfte ins Dorf. 2 Stunden später folgt die zweite. Der ganze Segenkamp, Teile der Bahnhof-Lippe- und Schlossstraße stehen unter Wasser. Bis zu 1 m geht die schmutzige Flut durch die Häuser, welche wieder ungeheuren Schaden erleiden. (Die Keller haben fast sämtlich Wasser und werden in den nächsten Tagen von der Feuerwehr ausgepumpt.) Am Nachmittag dieses denkwürdigen Tages (18.7.) geht die Wasserflut langsam zurück. Am Mittwoch, 20.7., gibt Lippstadt neuen Hochwasseralarm, doch Gott sei Dank umsonst. – Der Segenkamp steht noch immer unter Wasser. Es dauert noch einige Tage, bis sich das Wasser verläuft.

Außer großen Schäden an den Häusern und sonstigen Gebäuden, Einrichtungen, Möbeln, an Straßen und Wegen sind auch die gesamten Gartenfrüchte der betroffenen Gärten vernichtet.

Betroffen von der Flut waren auch Teile der Nachbargemeinden, besonders einzelne Gehöfte in Schoneberg, Eickelborn, Herzfeld, Niederbauer u. a.

Die Kanalisationsarbeiten und der Ausbau der Straßen nahmen nach dieser Unterbrechung durch das Hochwasser ihren Fortgang. Die Schlossstraße wurde bis Ende März 1966 mit Abwässerkanälen, Bürgersteigen und staubfreier Teerdecke fertiggestellt.

Es folgte der Ausbau der Bahnhof- und Lippe- jetzt Brückenstraße. Das ganze Projekt erlitt einige Verzögerung durch die Wirtschaftsflaute 1966. Doch dann ging es rüstig weiter. Die Bagger rissen die Erde stellenweise bis zu 2½ m auf. Zur Verbreiterung der Lippestraße wurde die Gräfte teilweise um 3 m verschoben. Da in unserm Ortsbereich sehr wenig Gefälle ist, musste die Abwasserleitung mit 2 Zwischenpumpwerken versehen wer- den. Auf dem Bruch ward eine moderne Kläranlage errichtet, die das saubere Wasser wieder der Lippe zuführt. Unsere Feldflut, welche bisher die mehr oder weniger mangelhaft geklärten Abwässer zur Lippe brachte, war in den letzten Jahrzehnten zur stinkenden Kloake geworden. Dieselbe wurde jetzt zum Teil verlegt und soll nur sauberes Feld- und Regenwasser führen. Dieselbe mündet jetzt nicht mehr oberhalb des Bruchs in die Lippe, sondern halbwegs Kesseler, um bei Lippe-Hochwasser nicht durch Rückstauung unser Dorf zu gefährden. Viel Zeit in Anspruch nahm die Erstellung der sehr zahlreichen Senkschächte, die für Schmutz- und Regenwasser getrennt angelegt wurden.

Hand in Hand mit den Kanalisationsarbeiten ging, wie schon erwähnt, ein großzügiger Ausbau der Straßen und Wege, welche sämtlich mit staubfreien Teerdecken und beidseitigen Bürgersteigen versehen wurden. An den Hauptkreuzungspunkten im Gemeindezentrum wurden zudem Verkehrsinseln errichtet, die sich sehr gut bewährten. Dass sich die umfangreichen Anlagen über mehrere Jahre hinzogen, ist verständlich. Als letztes Teilstück wurde 1970 der Löttenkamp fertiggestellt, der am Eingang um ca. 1 m von der Besitzung Adrian verbreitert wurde.

Bei Durchführung des Straßenausbaues erhielt Hovestadt auch eine großzügige Straßenbeleuchtung von insgesamt ca. 50 Leuchtkörpern. Eine negative Seite sei auch noch erwähnt. Leider fiel ein großer Teil der schönen, alten Kastanien und Linden, die eine Zierde unseres Ortes bildeten, dem Ausbau der Straßen zum Opfer. Sie sollen, soweit irgend möglich, durch neue Bäume ersetzt werden.

Die Härtung des Sandweges zwischen Hovestadt und Niederbauer, des letzten noch nicht ausgebauten Teilstückes des alten Postweges wurde ebenfalls 1961 durchgeführt.

Ein Problem Nr. 1 war für Hovestadt stets die Gefahr einer Überschwemmung bei Lippe-Hochwasser, liegt unser Dörfchen doch unmittelbar in der Lippe-Niederung. Zwar besteht hier schon aus frühen Zeiten ein Schutzdamm, der aber den Anforderungen nicht mehr genügte, teils zu niedrig, teils schadhaft geworden war. Auch der seit 1961 betriebene Ausbau des Lippe-Bettes, Anlage der steinernen Böschungen usw. konnte die Überschwemmungskatastrophe 1965 nicht verhindern. Nunmehr befassten sich die verantwortlichen Stellen ernsthaft mit der notwendigen Verbesserung des Hochwasserschutzes in Hovestadt. In Vereinbarung mit dem Wasserwirtschaftsamt Lippstadt und dem Kulturamt in Soest wurde ein Ingenieur-Büro für Wasserwirtschaft in Beckum beauftragt, einen neuen Hochwasserschutzentwurf für Hovestadt aufzustellen. Nach diesem Plan ist der Schutzdamm in den nächsten Jahren erhöht und verstärkt worden und teilweise ganz neu angelegt worden. Oberhalb und unterhalb unseres Ortes ist derselbe weiter ausgezogen, er beginnt jetzt beim Gehöft Deimel, läuft quer durch den Althoff bis zum Schneckenberg, wo er auf die alte Anlage stößt. Westlich des Dorfes endet er jetzt hinterm Sägewerk Horstknepper. An insgesamt 5 Stellen des 1,7 Kilometer langen Deiches sind Rückstaubauwerke angelegt, die das Wasser der Vorflutgräben zur Lippe führen, aber bei eintretendem Hochwasser geschlossen werden. In letzterem Falle muss das anfallende Grabenwasser mittels fahrbarer Pumpen über den Damm in die Lippe gepumpt werden. Die großartige Anlage, ein Millionenprojekt, wurde ermöglicht durch die sehr erheblichen Landeszuschüsse. Es wurde Sommer 1974 fertiggestellt und muss noch seine Bewährungsprobe bestehen. Die riesigen, zum Dammbau benötigten Erdmassen wurden größtenteils aus den im Borgmersch angelegten Fischteichen gewonnen.

Viel neue Unruhe und heftige Diskussionen lösten seit Mitte der sechziger Jahre die Zusammenlegungs- und Änderungspläne der Düsseldorfer Regierung in unserer westfälischen Heimat aus. Es fehlte nicht an Protesten und strikter Ablehnung. 150 Jahre lang hatte sich die strukturelle Gliederung und Verwaltung in Kreisen, Ämtern und Gemeinden bestens bewährt. Nun sollte alles geändert werden, was in Jahrhunderten gewachsen war. War anfangs von Verwaltungsvereinfachung und damit von größeren Einsparungen die Rede, so stellte sich bald heraus, dass die Verwaltung in Zukunft nicht billiger, sondern kostspieliger wird als wie bisher. Was die ganzen Änderungen und Zusammenlegungen für einen Sinn oder Nutzen für unsere Bevölkerung haben, gibt es überhaupt keine Erklärung. Schon allein die jetzt meist viel größeren Entfernungen zwischen Bürgern und Behörden sorgen dafür, dass die Verwaltung nicht bürgernäher und bürgerfreundlicher wird.

Die Neugliederung unseres Kreises trat am 1. Juli 1969 in Kraft. Statt bisher 104 Gemeinden gibt es jetzt im Kreis Soest noch 8 Gemeinden: 2 Städte und 6 Landgemeinden. Außer einigen Randgemeinden im Südosten von den bisherigen Kreisen Arnsberg, lserlohn und Unna erhielt der Kreis Soest im Norden erheblichen Zuwachs durch die beiden flächenmäßig großen Kirchdörfer Lippborg und Herzfeld des bisherigen Kreises Beckum (Bez. Münster). Die jetzt neu gebildeten 6 Gemeinden unseres Kreises entsprechen in etwa den bisherigen Ämtern, doch sind auch die beiden Städte Soest und Werl erheblich durch die anliegenden Ortschaften vergrößert.

Das bisherige Amt Oestinghausen, bis 1803 ein Teil des kurkölnischen Gebietes bestand aus 12 Gemeinden: Eickelborn, Lohe, Ostinghausen, Bettinghausen, Schoneberg, Hovestadt, Nordwald, Niederbauer, Oestinghausen, Krewinkel - Wiltrop, Hultrop und Heintrop - Büninghausen. Verwaltungssitz war schon seit langem in Hovestadt.

Eickelborn und Lohe wollten zusammen mit Benninghausen Kreis Lippstadt eine eigene Großgemeinde werden und schieden aus unserm Amt aus, kamen aber 1975 zur Stadt Lippstadt. Ostinghausen und Bettinghausen wurden der neuen Gemeinde Bad Sassendorf zugeordnet trotz Protestes der Ostinghauser (»Oh wäret ihr doch in Düsseldorf geblieben«). Die neue Großgemeinde wurde gebildet aus dem restlichen Amt Oestinghausen: Schoneberg, Hovestadt, Nordwald, Niederbauer, Oestinghausen, Krewinkel - Wiltrop, Hultrop und Heintrop - Büninghausen, den bisher zum Kreis Beckum gehörenden Kirchdörfern Herzfeld und Lippborg (letzteres gegen seinen Willen) und der Ortschaft Brockhausen vom früheren Amt Borgeln-Schwefe. Der Sitz der Verwaltung bleibt in Hovestadt.

 

Fläche, Einwohnerzahl und Bevölkerungsdichte von Lippetal 1970

 

Fläche
qkm

Einwohner
30.6.1967

Einwohner
je qkm

Brockhausen

7,29

251

34

Heintrop-Büninghausen

5,90

439

74

Herzfeld

34,86

2.546

73

Hovestadt

2,02

1.069 *)

529

Hultrop

3,70

432

117

Krewinkel-Wiltrop

2,83

136

48

Lippborg

52,09

2.391

46

Niederbauer

5,16

297

58

Nordwald

4,55

143

31

Oestinghausen

2,85

881

309

Schoneberg

6,05

517

 

Zusammen

127,30

9.102

975
(1.2.1976)


Einwohnerzahl heute (1972):     rd. 9.200

1.2.76                         10.125

 

Erwerbspersonen:     Landwirtschaft           1.912 = 43 %

                     Industrie                1.474 = 33 %

                     Dienstleistungsbetriebe   1.101 = 24 %

 

Im Bereich unserer Volksschulen gab es ebenfalls einschneidende, wenn nicht katastrophale Veränderungen.

Die 23-klassige Hauptschule für ganz Lippetal kommt nach Herzfeld. In Oestinghausen und Lippborg bleiben lediglich Grundschulen für die unteren Jahrgänge. In Hovestadt, wo erst vor 30 Jahren das neue, moderne Schulgebäude errichtet war, ist seit 1972 keine Schule mehr. Die Kinder werden mit Bussen über die ziemlich weiten Entfernungen zu den Bildungsanstalten gefahren.

Im kulturellen Bereich gab es aber auch Erfreuliches. Nach Kriegsende hatte sich der damals gegründete Heimatverein, wie bereits erwähnt, bemüht, den ehemaligen Kuhstall des Hauses Biele als Gemeindesaal auszubauen. Seit 1952 diente der Raum, zweckentfremdet, als Flüchtlingslager und von 1960-1968 als Lagerraum einer Möbelhandlung. 1968 wurde hier der Kulturring gegründet, als eine Dachorganisation der Hovestädter Vereine. Als seine erste und dringendste Aufgabe sah derselbe den Ausbau und die Restaurierung des großen Saales bei Biele. In den Jahren 1969 und 1974 wurde der Raum dann gründlich überholt. Der Saal erhielt neuen Fußboden und neue Decke. Heizung wurde eingebaut. Schankraum mit Theke, Toiletten und Garderobe wurden angebaut. Das Ganze bekam neuen Anstrich und freundliche Vorhänge. Die Arbeiten wurden vielfach in kostenloser Eigenleistung getätigt. Mit diesem Saal, der nun endgültig für kulturelle Veranstaltungen aller Art gesichert scheint, besitzt Hovestadt einen Raum, der allen Ansprüchen genügt. Nach einiger Unterbrechung wurde hier 1975 auch wieder Theater gespielt. Das Luststück: »Der verkaufte Großvater« vom Gemischten Chor Frohsinn, unter Leitung von Heinrich Hille aufgeführt, fand guten Anklang und wurde in jeder Beziehung ein voller Erfolg.

Durch die Bemühungen des Monsignore Scheperjans wurden in der neuen Gemeinde Lippetal größere Siedlungen für deutsche Spätaussiedler aus Oberschlesien und Ostpreußen errichtet. Herzfeld bekam 1972 eine große Friedlandsiedlung, ein Jahr später wurde eine solche in Lipp- borg erbaut. 1974 entstanden in Hovestadt, am Schlopheck (jetzt Marienstraße) auf dieser Basis 11 Häuser und 9 Familien fanden in Oestinghausen eine neue Heimat. April 1976 wurden in Hovestadt die Häuser den durchweg kinderreichen Familien überschrieben.

Am 1. Januar 1975 wurde durch Zusammenlegung der bisherigen Kreise Soest und Lippstadt und des Amtes Warstein vom bisherigen Kreise Arnsberg der Großkreis Soest geschaffen, mit ca. 260.000 Einwohnern. Zum Sitz der Verwaltung wurde die Stadt Soest bestimmt. In Westfalen ist die Neuordnung der Gemeinden und der Kreise im Jahr 1975 im wesentlichen abgeschlossen. Die Zahl der Stadt- und Landkreise ist fast um die Hälfte reduziert und beträgt jetzt noch 27 Stück.

Die verflossenen 30 Jahre nach Kriegsende bedeuten für die deutsche Wirtschaft eine Revolution, die in der Geschichte einmalig ist. Die zweite Phase der Industrialisierung ist charakterisiert durch Fließband, Vollautomation und Computer.

Die stürmische Aufwärtsentwicklung der gesamten deutschen Nachkriegswirtschaft, die kaum 20 Jahre nach dem totalen Zusammenbruch 1945 das deutsche »Wirtschaftswunder« hervorbrachte, bekam 1967 und 1973 die ersten, ernsthaften Rückschläge, welche durch die sogenannte Ölkrise der arabischen Lieferanten hervorgerufen wurde. Während die entstandenen Schwierigkeiten nach 1966 noch verhältnismäßig schnell beseitigt werden konnten, schien seit 1973 die Krise tiefer zu sitzen: Über 1 Million Arbeitslose und fast ebenso viele Kurzarbeiter belasten seit einigen Jahren den deutschen Haushalt und dabei befinden sich in der Bundesrepublik immer noch etwa 2 Millionen Fremdarbeiter. Eins sollten aber alle westlichen Industrienationen aus diesen Krisenerscheinungen lernen, nämlich zu der Einsicht zu kommen, dass das bisherige stürmische Wirtschaftswachstum in diesem Tempo nicht möglich ist auf weite Sicht, und dass wir alle ein wenig bescheidener werden müssen und wieder lernen, auf etwas verzichten zu können.

Auch unsere immer noch bäuerlichen Charakter tragende engere Heimat ist von der wirtschaftlichen Nachkriegsentwicklung nicht verschont geblieben. Ansätze von Kleinindustrie befinden sich in fast allen größeren Orten: Eickelborn, Herzfeld, Lippborg, Oestinghausen. Größere Wohnsiedlungen sind in allen Ortsteilen nach dem Kriege entstanden, wodurch die Dörfer in zunehmenden Maße zu Wohngemeinden der meist auswärts arbeitenden Bewohner werden.

Die Landwirtschaft selbst ist in den letzten Jahrzehnten weitgehend mechanisiert und mit modernsten Maschinen ausgestattet. 1000 Jahre und noch länger war das Pferd der treue Helfer des Bauern (das noch vor 30 Jahren das Feld beherrschte). Die Trecker haben die Pferde vollständig verdrängt, nur der Reitsport gibt denselben noch eine Überlebensmöglichkeit.

Vom Säen bis zum Ernten beherrschen die Maschinen die Lage. Moderne Mähdrescher haben die Schnitter und Selbstbinder abgelöst und das Bild der Ernte vollständig verändert, da auch die Richten und Kornhaufen verschwunden sind. Da fast alle landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen industriell gefertigt werden, sind auch die ländlichen Handwerker überflüssig geworden und geben einer nach dem andern ihren Betrieb auf: (Stellmacher, Dorfschmiede, Sattler, aber auch Schuster und Schneider).

Im modernen landwirtschaftlichen Betrieb ist leider auch kein Platz mehr für das altüberlieferte Brauchtum, welches früher das Jahr des Bauern verschönte und begleitete.

Hovestadt, welches seit jeher ein Handwerkerdorf war, ist von dem Schrumpfungsprozess dieses Standes besonders hart betroffen. Waren hier 1945 noch ca. 30 (allerdings meist kleine) selbständige Handwerksbetriebe, so sind es 30 Jahre später noch die Hälfte. Die Zahl der kleinen Einzelhandelsgeschäfte ist ebenfalls zurückgegangen. Die meiste Bevölkerung arbeitet auswärts.

Früher betrieben hier fast sämtliche eingesessenen Bürger nebenher eine kleine Landwirtschaft, meist gräfliches Pachtland mit etwas Viehhaltung. Die gemeindliche Viehherde wurde auf den Bruch getrieben. (Lütkenhofs Therese war langjährige Kuhhirtin, später hütete Anton Luhmann.) Heu wurde für das Rindvieh im Borgmersch oder den Wiesen hinterm Althof gewonnen, für die Ziegen an Gehwegen und an den Grabenböschungen. Schweine und Hühner hielt fast jeder Hausbesitzer für den eigenen Haushalt. Als unrentabel hat das alles in den letzten Jahrzehnten fast vollständig aufgehört. Außer 5 Landwirten in Hovestadt betreiben zur Zeit 1975 noch etwa 6 Familien etwas Landwirtschaft und Viehhaltung nebenher. Die Viehzählung Dezember 1975 ergab für Hovestadt folgendes Bild: (zum Vergleich die Zahlen von 1949 in Klammern) 3 (9) Pferdehalter hatten 11 (25) Pferde jetzt sämtlich für den Reitsport, 6 (33) Rindviehhalter hielten 135 (116) Stück Rindvieh, davon 29 (71) Milchkühe, jetzt keine Ziegen mehr (1949 besaßen 26 Ziegenhalter noch 48 Tiere), 7 Schweinehalter mästeten und züchteten insgesamt 295 Schweine (1949 fütterten 90 Familien 213 Schweine), 2 (12) Schafhalter hielten 19 (19) Schafe. Hühner gab es noch ca. 100 Stck. (gegen ca. 990 Stck. damals).

Für ganz Lippetal weist die Zählung 1975 folgenden Bestand aus: Es hielten 91 Pferdehalter 259 Stck. Pferde (fast alle für den Reitsport), 412 Rindviehhalter 11.701 Stck. Rindvieh, davon 3.782 Stck. Milchkühe, 430 Schweinehalter insgesamt 25.770 Stck. Schweine, 61 Schafhalter 1696 Tiere und 282 Geflügelhalter 32.137 Hühner, meist Legehennen.

Wie bereits schon früher erwähnt, wurde 1963/64 an dem 1855/59 gegründeten St.-Ida-Hospital nochmals eine großzügige Umgestaltung und Erweiterung vorgenommen. In dieser modernen Krankenanstalt mit 87 Betten ausgestattet, betreuen nunmehr 13 Ordensschwestern, von 4 Ärzten und weltlichen Kräften unterstützt, die Kranken und alten Leute. Im Jahre 1969 war auch das Schwesternhaus erbaut. 1969 ist auch im ehemaligen Garten der Familie Sommer Garten die moderne Sparkasse der Gemeinde Lippetal - Hovestadt errichtet worden. Kurz sei hier noch über Veränderungen und Geschehnisse auf Schloss Hovestadt in der Nachkriegszeit berichtet.

Als Graf Josef von Plettenberg, im Volksmund »Papa Graf« genannt, ein Aristokrat der alten Schule, im 85sten Lebensjahre 1951 das Zeitliche segnete, trat Elmar von Plettenberg, ein Enkel des verstorbenen Grafen, die Herrschaft Hovestadt an. Elmars Vater, Graf Alois von Plettenberg, hatte zeitlebens auf Schloss Lenhausen gelebt und ist auch dort gestorben und dort beigesetzt. Graf Elmar vermählte sich am 14.6.1956 mit der Freiin Pia von Fürstenberg, Körtlinghausen, aus deren Ehe 4 Kinder, 1 Sohn und drei Töchter, entsprossen.

Infolge des Druckes der Besatzungsmächte mit der geplanten Bodenreform wurde in den ersten Nachkriegsjahren auch das Gut Hovestadt stark reduziert. Von bisher ca. 10.000 Morgen Grund blieben rund 4.700 Morgen Wald, Wiese und Ackerland bei Hovestadt. Der größte Teil des hiesigen Ackerlandes war verpachtet, doch betrieb auch die gräfliche Verwaltung von jeher eine beträchtliche eigene Landwirtschaft verbunden mit größerer Milchviehhaltung. 1957 gab Graf Elmar die Landwirtschaft auf, dieselbe wurde jetzt von seinem Schwager, Freiherr von Jordans betrieben und 1964 von Langels übernommen. Seit 1970 besteht auf dem Gut keine Landwirtschaft mehr. Sämtliche Ländereien und Wiesen sind verpachtet. Das Schloss selbst, welches bei der Brückensprengung, April 1945, stark gelitten hatte, wurde in den Jahren 1967-1975 weitgehend restauriert. Das Dach erhielt ganz neuen Schieferbelag, die Wandflächen wurden ausgebessert, Sandsteinglieder und Ornamente größtenteils erneuert, 1978/79 wurden auch die beiden Brücken von Grund auf erneuert.

Am 20. März 1975 konnte Hovestadt ein seltenes Jubiläum begehen: Der Böttchermeister, Poststellenhalter und zeitweise Bürgermeister Josef Bierhaus, (geb. Hovestädter) konnte in guter seelischer und körperlicher Frische die Vollendung des 100sten Lebensjahres begehen. Herzlichen Glückwunsch. Derselbe verstarb kurz vor Vollendung des 104. Lebensjahres am 7.3.1979.

Ende April 1977 wurde unsere alte Volksschule an der Schlossstraße abgebrochen und der ganze Platz dem Erdboden gleichgemacht. Schon seit längerer Zeit war das Haus als baufällig erklärt worden. Das bisher noch ziemlich einheitlich in Fachwerk gehaltene Bild der Schlossstraße wurde hierdurch wesentlich entstellt und es kann die Angelegenheit nur als »Kulturbarbarei« bezeichnet werden! Die Demontage unserer einheimischen Fachwerkhäuser ging leider in den nächsten Jahren weiter: Im Herbst 1979 wurde eines der letzten Bauernhäuser unseres Ortes, das Haus Knierbein, Bahnhofstraße (früher Bierhaus - Eickmann), welches schon seit einigen Jahren unbewohnt war, abgerissen. Schon 1968 war die schöne alte Apotheke, Schlossstraße, abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Sollten auch beide letztgenannten Häuser andererseits wieder aufgebaut werden, für unseren Ort bedeuten sie aber immerhin einen großen Verlust des gewachsenen Straßenbildes.

Im benachbarten Herzfeld wurde 1980 das 1.000-jährige Jubiläum der Heiligsprechung von St. lda (durch Bischof Dodo von Münster im Jahre 980) feierlich begangen. Die Bischöfe Johann Degenhardt von Paderborn und Reinhardt Lettmann von Münster nahmen an der Feier teil. Letzterer weihte die neu errichtete Krypta unter dem Hochaltar der St.-Ida-Kirche ein. Zahlreiche Gläubige aus nah und fern pilgerten an diesen Festtagen zum St.-Ida-Heiligtum. Unter Leitung von Johann Tusch wurde ein musikalisches St.-Ida-Oratorium aufgeführt. Im Hovestädter Schloss war eine interessante Ausstellung von St.-Ida-Heiligtümern und Gedenkstücken aufgebaut, die zahlreiche Besucher anlockte.

Einen herben Verlust erlitt Hovestadt 1980 durch die Schließung des St.-Ida-Hospitals als Krankenanstalt am 1. September. Trotz aller Bemühungen und Anstrengungen zwecks Erhaltung konnte die Weiterführung in der bisherigen Form nicht erreicht werden und das Haus wird nun lediglich als Altenheim weitergeführt. Das 1855/59 errichtete Hospital war noch in den letzten Jahren weitgehend modernisiert und ausgebaut, um so bedauerlicher ist die Stillegung.

Ein neues Siedlungsgelände wurde im Hovestädter Westen festgelegt. Westlich vom Schlopheck soll eine Parallelstraße zum Schlopheck errichtet werden auf ehemaligem Biele'schen, Korbmacher'schen und gräflichen Grund mit ca. 20 Häusern vorwiegend für Einheimische. Das ehemalige Kleinbahngelände soll ebenfalls bebaut werden.

Zum Jahresende wurde in Hovestadt ebenso wie in den vergangenen Jahren unter Leitung von Heinrich Hille wieder ein Theaterstück aufgeführt: das Luststück »Flitterwochen«, welches sehr guten Anklang fand.

Am 1. April 1981 bekommt unser Dorf mit dem Dr. med. Westermann (geb. in Herzfeld - Kesseler) wieder einen eigenen Arzt, nachdem es in dieser Beziehung seit dem Tode von Dr. Vorwerk im Jahre 1976 verwaist war. Auf dem Gelände der alten Schule an der Schlossstraße errichtete der Vorgenannte einen stattlichen Neubau mit Praxis.

Man schrieb das Jahr 1984. – Werfen wir einmal den Blick über die engen Gemeindegrenzen in die deutschen Lande und in die weite Welt. Vor einem Jahrzehnt war vielfach die Rede vom deutschen »Wirtschaftswunder«. Und wie sieht das heute aus? War der phantastische wirtschaftliche Aufstieg Westdeutschlands nur ein Windei? Fast sieht es so aus! Über 2½ Millionen Arbeitslose zählt heute die Bundesrepublik, in Westeuropa ca. 12½ Millionen, USA etwa dieselbe Zahl!

Trotz aller Friedensdemonstrationen und Friedensverhandlungen ein wahnsinniges Wettrüsten zwischen Ost und West, besonders zwischen den beiden Supermächten und damit die atomare Bedrohung, besonders Mitteleuropas! (Weltweit Unruhen, Katastrophen, Kriege.) Die ernorme Verschuldung fast aller Staaten, bei uns aber Spitze, infolge Misswirtschaft, übertriebener Sozialwirtschaft, untragbare Gehalts- und Lohnpolitik ist ein sehr ernstes Problem!

Die Vergiftung und Zerstörung unserer natürlichen Umwelt, Erde, Wasser und Luft, sichtbar am Waldsterben, ist weiter ein bedrohliches Zeichen der gefährlichen Abgase der Chemie und a. V. Die schlimmste Bedrohung unseres Volkes möchte ich aber in den z. Zt. herrschenden sittlich moralischen Tiefstand sehen, der sichtbar wird, in den sogenannten wilden Ehen, den zahlreichen Ehescheidungen, der Kinderfeindlichkeit, den zahlreichen Abtreibungen, den Auszug aus den Kirchen u. a. Schon seit Jahren sind in unserm Land jährlich mehr (über 100.000) Särge als Wiegen gezählt!

Die Hilfsbereitschaft und Spendenfreudigkeit weiter Kreise unseres Volkes für die Dritte Welt und andere Notgebiete und -lagen sei als positives Zeichen erwähnt!

Schauen wir noch kurz ins benachbarte Ruhrgebiet, welches immer als das wirtschaftliche Herz Deutschlands bezeichnet ward. Der sogenannte »Kohlenpott« ist von der Wirtschaftskrise besonders hart betroffen! Von den ca. 150 Kohlenzechen, welche früher in Betrieb waren, sind etwa ¾ stillgelegt, und noch liegen gewaltige Kohlenmengen auf Halde. Eine ähnliche Schrumpfung haben auch die Eisen- und Stahlwerke und verwandten Betriebe durchgemacht! Die Arbeitslosigkeit hat teilweise (Anfang 1984) über 16½ % erreicht, gegenüber 10-12 % im deutschen Durchschnitt! Eine Umstrukturierung der Industrie auf breitere Basis wird hoffentlich die Lage bessern!

Bereits Herbst 1983 war Hovestadt an das (umweltfreundliche) Ferngasnetz angeschlossen worden. Ein großer Teil der Bürgersteige musste wieder aufgerissen werden. Gleichzeitig wurden die noch bestehenden elektrischen Hochleitungen mit verkabelt. Die Abdeckung der aufgerissenen Wege erfolgte mit soliden Steinplatten (statt Beton oder Asphalt).