Landesposten contra Reichspost

Von der Maas bis an die Memel

Die Streitigkeiten mit den Botenanstalten, sowie mit den Städten und Reichsständen nahmen einen immer schärferen Charakter an und zogen sich durch mehr als zwei Jahrhunderte hin. An den Querelen waren nicht nur die Herrschaftshäuser beteiligt, sondern auch bekannte Schriftsteller auf dem Gebiete des Staatsrechts.
Es blieb aber nicht nur bei diesen schriftlichen Meinungsverschiedenheiten, es kam auch zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Die Boten und Postillione der Gegenpartei wurden nicht selten auf offener Landstraße „niedergeworfen", wobei man ihnen ihre Postfelleisen fortnahm.
Bald wurden die Bediensteten der einen, bald der anderen Partei verhaftet. Auch vermehrten sich die Klagen über das eigenmächtige und gehässige Auftreten der Reichs-Postmeister, über Forderung zu hoher Taxen und sonstige Unregelmäßigkeiten im Reichs-Postwesen. Diese Klagen fanden bei den Landesherren um so mehr Unterstützung, als auch sie sich verletzt fühlten, daß ein so hohes Amt wie das des Reichs-General-Postmeisters vom Kaiser ohne Mitwirkung der Stände vergeben worden war. Zwar hatten die Landesherren die Einrichtung Taxisscher Posten in ihren Landen den Grafen von Taxis zugestanden, jedoch nicht ihr Recht aufgegeben, eigene Posten in ihren Gebieten einzurichten. Die größeren deutschen Einzelländer erkannten deshalb auch den Anspruch des Kaisers auf die Posthoheit nicht an, sondern nahmen sie für ihre Länder aus ihrer Landeshoheit heraus für sich in Anspruch.


Ein besonders erfolgreicher Kämpfer für die landesherrliche Posthoheit war Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Große Kurfürst. Er war auch der Erste, der die Ordnung des Postwesens in seinem Lande selbst in die Hände nahm, ohne sich lange um die im Laufe der Zeit immer mehr verklausulierten Verbriefungen des Reichs-Postwesens zu kümmern. Kurz und bündig teilte er dem Reichs-General-Postmeister mit, daß er bereits eigene Posten im Lande angelegt habe und „dahero zur Vermeidung von allerhand Ungelegenheiten keine andern gedulten könne".
Tatsächlich hatte Friedrich Wilhelm neben den bisherigen Botenanstalten in Brandenburg im Jahre 1646 einen Haupt-Postkurs von Memel bis Cleve einrichten lassen, um seine „von der Maas bis an die Memel" reichenden Besitzungen zu verbinden. Auf diesem Haupt-Postkurs verkehrten zweimal wöchentlich reitende Postillione mit stationsweisem Wechsel.

    Ein landesherrlicher Bote um 1500

Er wurde geleitet über Spandau, Brandenburg, Barby, Halberstadt, Braunschweig, Hannover, Minden, Bielefeld, Lippstadt, Hamm und Wesel. Die einzelnen Stationen lagen etwa 12 Meilen voneinander entfernt, die ein Postillion zurücklegen mußte, während die Pferde schon nach 4 Meilen gewechselt wurden. Es gelang, die Post von Cleve bis Königsberg in 10, und von Amsterdam bis Königsberg in 12 Tagen zu befördern. Von Berlin bis Königsberg brauchte ein Brief 4 Tage.
Im Gegensatz zu der Taxisschen Post richteten die Landesherren ihre Landesposten als gemeinnützige Anstalten ein und ließen auch weniger einträgliche Verkehrslinien und Postgeschäfte betreiben. In einer Verordnung vom 21.4.1646 heißt es: „daß diese Posten eingerichtet werden sollen, weil zuvörderst dem Kauf- und Handelsmann hoch und viel daran gelegen sei". So waren die Posten für Brandenburg auch am Anfang ein Zuschußbetrieb, denn sie erforderten einen Kostenaufwand von ca. 6000 Thlr jährlich. Das Briefporto wurde anfangs noch ganz den Postmeistern anstatt Besoldung überlassen und erst später zur Staatskasse gerechnet. Für die Beförderung der Posten erhielten die Postmeister besondere Bezahlung aus der Kürfürstlichen Kasse.

Der Kaiser gibt nach

Im Laufe der nächsten Jahre versuchte der Kaiser die Landesfürsten immer wieder zu zwingen, ihre Landesposten aufzugeben und nur noch die Reichs­posten zuzulassen. Das Kaiserliche Patent von 1660 verbot schließlich alle Landesposten bei „100 Mark lötigen Goldes Strafe" (etwa 48 000 Mark). Je­doch auch hier widersetzte sich der Große Kurfürst dem Kaiser. Im Jahre 1662 führte der Brandenburger auf der Versammlung der Stände des Nie­dersächsischen Kreises ein Übereinkommen zwischen Brandenburg, Schwe­den, Braunschweig und Hessen sowie einigen kleinen Ständen herbei, in dem sie sich gegenseitig Unterstützung beim Ausbau ihrer Landesposten und Wi­derstand gegen die Reichspost zusagten. Vier Jahre später ließ der Kaiser durch einen Gesandten den Kurfürsten wissen, daß er ihn hinsichtlich des Postwesens in seinen Landen in keiner Weise behindern wolle.
                                                                                             Quelle: “Kleine Postgeschichte” von Brigitta Weller, 1976