Der Wert des Reichstalers

 

Volkswirtschaftliche Abteilung                                                                    Düsseldorf, den  8. August 1969
               Str/Den

 

Betreff

Wert eines Reichstalers aus dem Jahre 1800 bzw. 1850

Der Reichstaler wurde im Jahre 1750 von Friedrich dem Großen in Preußen - hierzu gehörte auch die Provinz Westfalen bzw. die Rheinprovinz - eingeführt. Er ist von 1750 - 1856 im 14-Taler-Münzfuß ausgeprägt worden, d.h. aus einer "Kölnischen Mark" feinen Silbers zu 233,855 Gramm würden 14 Taler mit einem Feingehalt von 16,704 g geprägt. Das Rauhgewicht des Talers betrug 22,272 g. Ab 1857 wurden Vereinstaler mit einem Feingehalt von 16,667 g Silber geprägt. Aufgrund von § 3 des Münzgesetzes von 1857 waren die Reichstaler den Vereinstalern ausdrücklich gleichgestellt.

Ein Reichstaler mit der speziellen Bezeichnung "Reichstaler bona monita" ist uns nicht bekannt. Sehr wahrscheinlich soll damit nur klargestellt werden, daß es sich um gute, vollwertige Taler handelt. Die Bezeichnung Courant oder Kurant gibt an, daß die entsprechende Münze unbeschränkt gültiges Zahlungsmittel war und ihr Wert sich aus ihrem Stoffwert (Silberfeingehalt) ergab.

Mit dem Münzgesetz vom 9. Juli 1873 (RGB1. S. 233 ff) trat an die Stelle der in Deutschland bis dahin geltenden Landeswährungen die Reichsgoldwährung mit der Mark als Rechnungseinheit. Nach Artikel 14 dieses Gesetzes waren bei der Umrechnung der auf ältere Währung lautenden- Zahlungsverpflichtungen der Taler mit einem Wert von 3 Mark und die anderen Münzen mit einem nach ihrem Verhältnis zum Taler entsprechenden Wert anzusetzen.

Das Münzgesetz vom 30. August 1924 (RGB1. II, S. 254 ff), durch das die Reichsmark eingeführt wurde, bestimmte in § 5, daß auf Mark lautende Verbindlichkeiten im Verhältnis 1 Billion Mark gleich 1 Reichsmark umzurechnen sind. Die durch die Geldentwertung entstandenen Nachteile wurden durch das Gesetz über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen vom 16.Juli 1925 (Aufwertungsgesetz; RGB1. I, S. 117 ff) teilweise ausgeglichen.

In diesem Gesetz ist jedoch lediglich die Aufwertung von Vermögensanlagen, wie Ansprüchen aus Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden, Reallasten, Schiffs- und Bahnpfandrechten, verzinslichen Inhaber- und Orderschuldverschreibungen, Sparkassenguthaben sowie gewisse Versicherungsansprüche, im einzelnen geregelt. Die Aufwertung aller anderen Ansprüche war nach den durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des allgemeinen bürgerlichen Rechts zu beurteilen und blieb im Streitfall den ordentlichen Gerichten überlassen.

Bei der individuellen Aufwertung aller nicht durch das Aufwertungsgesetz geregelten Ansprüche wurde insbesondere nach den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verfahren. Die Höhe der auf diese Weise ermittelten Aufwertungssätze läßt sich nicht einheitlich bestimmen. Keinesfalls konnte der Gläubiger von vor herein den vollen Geldbetrag seiner Forderung beanspruchen. Stets waren die besonderen umstände des Einzelfalles zu prüfen. Insbesondere sollten der Charakter des Rechtsgeschäfts und die persönlichen Verhältnisse, vor allem die Vermögenslage , beider Vertragsteile berücksichtigt werden. Unter Umständen entschied auch der Zweck, dem die Geldleistung diente, oder die vermutlich Absicht des Vertragschließenden bzw. Erblassers. Nähere Angaben über die Entwicklung des Nominalwertes des Reichstalers über die Inflation 1923 hinaus sind daher nicht möglich.

Einen Anhaltspunkt für die Kaufkraft der alten Währungen könnte die Entwicklung der Lebenshaltungskosten geben. Aufzeichnungen darüber reichen allerdings nur bis vor den ersten Weltkrieg zurück. Der Index für die Gesamtlebenshaltung auf der Basis 1913/14=100 lautete 1968 im Jahresdurchschnitt 288,7. Demnach war die Kaufkraft der Mark vor dem ersten Weltkrieg fast dreima so groß wie die unserer heutigen Deutschen Mark. Zieht man den Metallwert des Reichstalers als Vergleichsmaßstab heran, so ergibt sich folgende Relation:


Ein Reichstaler entsprach 16,70 g Feinsilber. Unter Zugrundelegung des Silberpreises von Anfang Juli 1969 von

1 kg Feinsilber = 203,20 DM

ergibt sich ein Silberwert des Reichstalers von 1 Reichstaler = 3,39 DM.

 

Herrn
Vizepräsident    T h o m a

 

 

Volkswirtschaftliche Abteilung                                                                    Düsseldorf, den 15 August 1969
                  Str/La

 

Betreff

Kaufkraft eines Reichstalers bzw. eines preußischen Talers

Ergänzung zu unserem Vermerk vom 8. August 1969

In der von uns jetzt neu beschafften Broschüre "Alte Maße, Münzen und Gewichte aus dem deutschen Sprachgebiet", gesammelt und bearbeitet von Fritz Verdenhalven, sind Angaben über die heutige Kaufkraft alter Münzen enthalten. Hiernach ergibt sich folgende Relation:

Zeitraum

Münzeinheit

Kaufkraft 1967 in DM

1622 - 1775

1 Reichstaler (im Durchschnitt)

32,50 - 43,20

1839 - 1855

1 preußischer Taler

14,70

1854 - 1863

1 preußischer Taler

9,--

 

 


 

Trotz aller Vorbehalte, die bei solchen Vergleichen gemacht werden müssen, geben diese Wertverhältnisse doch einen gewissen Anhaltspunkt.

Herrn
Vizepräsident    T h o m a