Zur Geschichte von Hovestadt
                      
Die Geschichte Hovestadts ist verflochten mit dem Adelssitz gleichen Namens. Über Burgmannen in Hovestadt existieren erste Nachrichten aus den Jahren 1231, 1250 und 1252. Zu dieser Zeit wird ein Fridericus de Hovestat genannt.1 Die Burgmannen waren vom Erzbischof von Köln belehnt und hatten den Lippeübergang zu bewachen. Im Laufe der Zeit erlangten sie immer größere Selbständigkeit, bis sie im 16. Jahrhundert Eigentümer der Burg wurden.²

Im 14. Jahrhundert wurde die Burg wiederholt zerstört. Am 27. August 1346 ernannte Erzbischof Walram von Köln seinen Burgmann, Ritter Hermann van Plettenbracht, genannt van der Muylen, zu seinem Amtmann des „Schultisampt der Burg zu der Hofstat" mit dem Auftrag, in der Burganlage, die seit langer Zeit »ungebuwet« gestanden hatte, auf seine Kosten ein steinernes Haus zu bauen.3 Im Jahre 1370 wurde die Burg erneut zerstört. Der Bischof von Paderborn, damals Landmarschall von Westfalen, ließ sie wieder aufbauen.4

In der Soester Fehde (1444-1449), in der sich die Soester Bürger gegen ihren Landesherrn, den Erzbischof von Köln, auflehnten, fiel der Burg Hovestadt eine besondere strategische Rolle zu. Sie wurde deshalb vom Kölner Erzbischof Dietrich von Moers zur Operationsbasis für Unternehmungen gegen Soest auserkoren. Um diese Zeit hat es an kriegerischen Auseinandersetzungen in Hovestadt nicht gefehlt. Dabei wurde die Burg nie erobert, und Hovestadt blieb bei Kurköln.5

Vom Jahre 1448 an waren die Herren von Ketteler die Besitzer der Burg in Hovestadt.6 Anstelle der 1560 verfallenen Burg ließ Goswin von Ketteler 1563 etwa 600 Meter westlich einen Neubau errichten. Die Burg sollte nun nicht mehr militärischen Zwecken dienen, sondern ein geräumiges, wohnliches Schloss werden. Dem entsprach der Plan, der ursprünglich einen viereckigen Bau mit vier Türmen vorsah. Gebaut wurden aber nur zwei Flügel mit einem Eckturm. Umschlossen wurde die Anlage mit breiten Wassergräben. 1572 war das Schloss, wie es sich heute noch präsentiert, fertiggestellt. Baumeister des im Renaissancestil erbauten Schlosses war Laurenz von Brachum.7

Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) blieb Hovestadt durch die Neutralität des Erzbischofs von Köln zunächst unbehelligt. Erst in den späteren Kriegsjahren von 1633 bis 1642 hatte der Ort unter Plünderungen und drückenden Abgaben zu leiden.8

Im Jahre 1649 erlosch die Hovestädter Linie derer von Ketteler im Mannesstamme. Die Erbin Ottilie heiratete den Obristleutnant Gottfried Freiherr von Heyden zu Schönrade und Boke, der am 25. September 1651 mit dem Haus Hovestadt belehnt wurde.9 Durch Kaufvertrag vom Jahre 1710 erwarb Freiherr Friedrich Wilhelm von Plettenberg zu Lenhausen das Schloss und die Herrschaft Hovestadt für 180.000 Reichstaler.10 Die Familie von Plettenberg-Lenhausen, 1724 in den Grafenstand erhoben,11 ist bis heute Eigentümerin des Schlosses.

Unter Josef Clemens Graf von Plettenberg-Lenhausen erhielt die Schlossanlage in den Jahren 1730 bis 1740 durch den berühmten Meister des westfälischen Barocks, Johann Conrad Schlaun, ihr heutiges Gesicht. Das Werk Schlauns umfasst künstlerisch wertvolle Stuckarbeiten im Schlossinnern, den galerieartigen Vorbau an der Eingangsseite des Schlosses, die beiden Brücken über die Gräften und die vier sich gleichenden Vorgebäude im äußeren Schlossbezirk, die eine Orangerie und eine Schlosskapelle einschließen.12

Südlich und westlich der von einer Innen- und Außengräfte umgebenen Schlossanlage Hovestadt entwickelte sich neben dem Ortsteil Hovestadt am östlich gelegenen Althof, dem Platz der ursprünglichen Burganlage, die Neustadt. Hier siedelten sich Handwerker und Bedienstete des Schlosses an.

Der größte Teil von Hovestadt, die Neustadt, gehörte damals zur Pfarrei Oestinghausen, ein kleiner östlicher Teil des Ortes, der Bereich des Althofs, zur Pfarrei Ostinghausen. Für den Gottesdienst in der Schlosskapelle waren die Grafen schon bald um eigene Seelsorger bemüht. Am 9. Mai 1767 schlossen Graf Josef Clemens von Plettenberg und seine Frau Gräfin Maria Theresia mit den Franziskanern der Sächsischen Ordensprovinz einen Vertrag, in dem die gegenseitigen Rechte und Pflichten, wie Wohnung und Unterhalt für die Franziskaner, der Gottesdienst in der Schlosskapelle, die Planung eines möglichen eigenen Klosters mit Kirche für die Franziskaner, Unterricht für die Jugend, die Anzahl der residierenden Ordensleute, Seelsorgeaushilfen in der Pfarrei Oestinghausen, Almosensammeln und das Gebet für die lebenden und verstorbenen Angehörigen des gräflichen Hauses geregelt sind.13 So kam es zur Gründung der Franziskanerresidenz in Hovestadt, die bis 1838 bestand. In der Folgezeit wurde die Seelsorge von Weltgeistlichen wahrgenommen.

Hovestadt gehörte seit dem 12. Jahrhundert zum Herrschaftsbereich des Kurfürsten von Köln. Dieses Verhältnis blieb bis zum Jahre 1803 unverändert. In diesem Jahr fiel das kurkölnische Herzogtum Westfalen an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt und 1816 an Preußen. Das ehemalige kurkölnische Amt Oestinghausen, mit ihm der Ort Hovestadt, wurde 1817 dem neugegliederten Kreis Soest zugeordnet. Durch die Landgemeindeordnung in Preußen im Jahre 1841 kam es zur Gründung der Gemeinde Hovestadt. Die Gemeinde wählte jetzt nach dem Dreiklassenwahlsystem in freier Wahl ihren Gemeindevorsteher und trug die völlige Verantwortung für die gemeindliche Verwaltung.14

Nach Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts am 9. November 1919 hatte die Gemeinde zunächst weiter einen Gemeindevorsteher. In Orten, in denen der Amtsbürgermeister seinen Sitz hatte, gab es von 1933 bis 1943 sogenannte Beigeordnete. Von 1943 bis 1969 fungierte dann ein Bürgermeister.
 

Nacheinander versahen diese Ämter:

1919-1933  Josef Bierhaus, Gemeindevorsteher.
1933-1940  Wilhelm Buschkühl, 1. Beigeordneter.
            Fritz Krippendorf, 2. Beigeordneter.
1940-1943  Josef Bierhaus, 1. Beigeordneter.
1943-1945  Josef Bierhaus, Bürgermeister.
1945-1955  August Adrian, Bürgermeister.
1956-1969  Paul Piepenbreier, Bürgermeister.

Seit der Neuordnung des Gemeindewesens im Jahre 1969 gehört die Gemeinde Hovestadt als Ortsteil zur Großgemeinde Lippetal.

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Albert K. Hömberg, Geschichtliche Nachrichten über Adelssitze und Rittergüter im            Herzogtum Westfalen und ihre Besitzer. Aus dem Nachlaß veröffentlicht. Heft 3,              Kirchspiel Oestinghausen und Ostinghausen. Münster 1972, Seite 1
Elmar von Plettenberg, Notizen über Burg und Schloß Hovestadt. 1974.
Hömberg, Geschichtliche Nachrichten, Seite 36.
E. v. Plettenberg, Notizen.
Karl Goebel, Aus der Geschichte von Hovestadt / Nordwald. 1960, Seite 8 ff.
E. v. Plettenberg, Notizen.
Ebenda.
Goebel, Geschichte, Seite 14.
Hömberg, Geschichtliche Nachrichten, Seite 127; E. v. Plettenberg, Notizen.
E. v. Plettenberg, Notizen.
Goebel, Geschichte, Seite 18.
Ebenda Seite 18 f.
Markus Hunecke, OFM, Die Franziskanerresidenz in Hovestadt 1767-1838. Werl 1989, 
Seite 33 - 36.
Hans Joachim Behr, Die Provinz Westfalen und das Land Lippe 1813-1933. In: Wilhelm
Kohl, Westfälische Geschichte, Bd 2. Düsseldorf 1984, Seite 97.